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Archiv-Artikel

Rot-Grün befremdet über Merkel

Regierung: Kritik aus dem Ausland „nicht üblich“. Auch Koch mahnt zu Zurückhaltung

BERLIN ap ■ Die Bundesregierung hat mit Befremden darauf reagiert, dass CDU-Chefin Angela Merkel die rot-grüne Irakpolitik jetzt auch in einem Beitrag für die Washington Post kritisiert hat. Regierungssprecher Béla Anda sagte gestern, es sei „nicht üblich, die Regierung in außenpolitischen Fragen aus dem Ausland heraus zu kritisieren“. Merkel will am morgigen Sonntag für vier Tage nach Washington fliegen und unter anderem mit Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Vizepräsident Dick Cheney sprechen.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers wies die Kritik der Koalition an Merkel zurück. „Wer Deutschland aus Wahlkampfgründen schweren außenpolitischen Schaden zugefügt hat, hat kein Recht, sich jetzt zu empören“, erklärte er. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf Rot-Grün vor, die Wahrheit nicht zu vertragen. Der bewusste Alleingang von Bundeskanzler Gerhard Schröder habe die transatlantischen Beziehungen beschädigt und sei das Gegenteil einer patriotischen Tat.

Merkel unterstrich im ZDF, die Bundesrepublik sei auf einen „partnerschaftlichen Kurs mit unseren Verbündeten in Bezug auf die Einhaltung unserer Sicherheit angewiesen“. Dabei müsse Europa eine gemeinsame Sprache sprechen. Die CDU-Chefin warnte vor einer Polarisierung. „Wir sollten die deutsche Welt nicht einteilen in eine für Amerika und eine gegen Amerika“, mahnte sie.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch unterstrich in einem Interview, nicht alle Deutschen seien der gleichen Meinung wie Schröder. Der CDU-Politiker räumte aber ein, „dass man sich grundsätzlich im Ausland bei Kritik an der eigenen nationalen Regierungspolitik zurückhaltend“ äußern sollte.

Der demokratische US-Abgeordnete Tom Lantos bezeichnete Deutschland und die USA als Mitglieder einer Familie, die derzeit wegen des Streits über die Irakpolitik aber nicht funktioniere. Aufrufe zum Wirtschaftsboykott gegen Deutschland oder Frankreich seien jedoch kontraproduktiv. Er stehe an der Spitze derer, die gegen solche Gesetzesvorstöße im US-Parlament kämpften, sagte der höchste Vertreter der Demokraten im Auswärtigen Ausschuss des amerikanischen Abgeordnetenhauses.

In einem Namensartikel für die US-Zeitung hatte Merkel geschrieben, die EU-Einigung vom Wochenanfang habe die Bundesregierung zu einem Kurswechsel gezwungen, den die Opposition begrüße. Die Opposition erwarte, dass sich die Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat entsprechend dem EU-Beschluss verhalte, der Gewalt als letztes Mittel nicht ausschließe. Sie setzte hinzu: „Zweifel daran allerdings sind angebracht.“