■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Fettlebe in mageren Zeiten
Hans-Georg von Bock und Polach ist ein gestrafter Mann. Sowieso wartet der Ex-Staatsanwalt und jetzige Staatsrat im Innenressort auf sein Verfahren wegen des Mittelgebirges an Akten, das er bei der Staatsanwaltschaft weitgehend unbearbeitet hinterlassen hat. Und nun ist er auch noch allein zuhaus. Sein Senator weilt nämlich für drei Wochen am Bodensee, zur Kur, wie es heißt. Muß man sich Sorgen um Ralf Borttscheller machen? Aber nein. Borttscheller ist alles andere als ernsthaft krank. Borttscheller speckt ab, das ist alles.
Seit der Mann Senator ist, ist er aufgegangen wie ein Hefeklobs. Streßessen, Streßtrinken – da hat sein Arzt mahnend den Finger erhoben. So weit alles in Ordnung, schwer arbeitenden Menschen sei ein Päuschen gegönnt. Macht der Kanzler ja auch. Bloß macht der's in den Ferien. Und nun fagt sich das staunende Publikum, warum ein Senator mitten in der Saison so mir nichts, dir nichts einfach wegfahren kann. Die Ferienzeit ist nun definitiv nicht angebrochen. Jetzt ist Februar, jetzt wird gearbeitet, eigentlich. Zum Beispiel werden gerade die Haushalte für die Ressorts aufgestellt. Da tanzen alle SenatorInnen beim Finanzsenator an und besprechen mit dem die mittelfristige Finanzplanung. Gibt's was wichtigeres? Jawoll, meint Borttscheller: Abspecken. Und hat von Bock vorgeschickt.
Preisfrage: Warum bloß macht der Senator so was? Ist doch klar, heißt es aus der CDU. Daß der Speck runter mußte, ist eh klar. Da fährt er doch lieber gleich, denn wer weiß, ob er um Ostern rum noch dazu kommt. Denn da hat er wahrscheinlich keinen Staatsrat mehr. Womit wir wieder bei von Bock und den Aktenbergen wären. Fiese für ihn, irgendwie. Erst muß er sich die Kloppe vom Finanzressort abholen, dann wird er vom Sessel geschubst. Nicht schön. Und zumindest die Kloppe hat er allein der Fettlebe seines Senators zu verdanken.
Früher, ja früher wäre ein Politiker wegen Arbeitsverweigerung durch's Dorf gejagt worden, aber Borttscheller hat sich mittlerweile Narrenfreiheit erarbeitet. Erinnern Sie sich noch an seinen Auftritt bei der CDU in Ganderkesee, als er unflätigst über die SPD herzog? Die Grünen hatten vom Senat wissen wollen, was der davon hält. Antwort: Zu Auftritten eines Senators bei Parteiveranstaltungen nimmt die Landesregierung nicht Stellung. So warten wir – zunehmend gelangweilt – auf weitere große Auftritte eines dann entmoppelten Innensenators. Ihre Rosi Roland
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