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Rollender Protest

■ Die „Rollheimer“ aus den Berliner Wagenburgen protestieren am Sonntag gegen mögliche Räumung und für ungenormtes Leben

Mit einem bunten „Rollheimer-Festumzug“ wollen die ca. 150 Bewohner der vier Kreuzberger Wagenburgen am morgigen Sonntag auf ihre, von Räumung bedrohte, Situation aufmerksam machen. Für ihre Demo habe sie sich das historische Datum der KuKuCK-Räumung vor vier Jahren ausgesucht (siehe nächste Seite).

„Ein Bulle trat mir die Tür ein und sagte 'Guten Morgen‘, dann wurde ich geräumt“, erzählte ein ehemaliger Besetzer des KuKuck. Seit dem Rausschmiß aus dem Haus lebt er in der Wagenburg in der Wilhelmstraße, zusammen mit ca. 30 Leuten in bunten Bauwagen, alten Camping- oder Omnibussen und LKWs (taz berichtete). Die letzten drei Jahre habe es nie Ärger gegeben, doch in diesem Jahr mußten sie auf ein anderes Grundstück in der Straße umziehen. Und auch dort dürfen sie wohl nicht bleiben. Auf dem Grundstück sollen Wohnbauten entstehen. Die Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung hat sich zwar gegen die Stimmen der CDU geweigert, einen Bebauungsplan für das Gelände aufzustellen, doch der Senat hat das Verfahren an sich gezogen. Nun werden die Abgeordneten über die Zukunft der Wagenburg entscheiden müsssen.

Der Kreuzberger Baustadtrat Orlowsky möchte keine der vier Wagenburgen räumen lassen. Er plädiert für die „friedliche Lösung“, oder nötigenfalls eine Umsiedlung auf andere Plätze in der Stadt.

Ein Teil der „Rollheimer“ an der Wilhelmstraße und an der Köthener Straße hätte auch nichts gegen einen Umzug auf ein anderes Gelände, wenn dieses verkehrsgünstig läge. Doch die WagenburglerInnen am Rauchhaus auf dem Mariannenplatz und auf dem Platz des Kinderbauernhofs an der Adalbertstraße wollen sich entschieden gegen eine Rräumung wehren. Sie wollen nicht nur für ihre selbstgewählte Lebensform kämpfen, sondern auch „gegen die erschreckende Senats-Politik“ protestieren, die besonders im Vorfeld des IWF alle „bunten, wildwüchsigen und nicht vernormten Lebensäußerungen ausmerzen“ wollen, heißt es in einem Flugblatt.

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Der bunte Demo-Zug mit Wagen und Musik, Akrobaten, Clowns und Theater soll morgen um 13.30Uhr am Thomas-Weißbecker -Haus in der Wilhelmstr.9 beginnen.

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