piwik no script img

Römisches Straßennetz digitalFast bis zu den Ossis

Bei Jupiter: Das digitale Kartenprojekt „Itiner-e“ zeigt das Straßensystem des Römischen Reichs. Dort lernt man, dass nicht alle Wege nach Rom führten.

Die Via Stabiana im italienischen Pompeii Foto: Kena Images/imago

Bis zu den Ossis haben sich die alten Römer dann doch nicht getraut. Trotzdem war ihr Straßennetz gewaltig. Wie gewaltig, zeigt ein neues Projekt von mehreren Forscherinnen und Forschern. Um das römische Straßennetz zu rekonstruieren, haben sie jahrelang Daten aus etwa 40 Ländern zusammengetragen. Es ist eine Art Google Maps für das alte Rom. Und für mich als Kartennerd damit ein größeres Fest, als Bacchus der Saufgott es je ausrichten könnte.

Bislang wusste die Forschung, dass das römische Straßennetz riesig war. Mit knapp 300.000 Kilometern ist es sogar deutlich größer als bisher angenommen. Um das Jahr 117 reichte das Römische Reich über drei Kontinente und hatte mehr als 55 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Damit das Reich regierbar blieb und man mit Prunkbauten flexen konnte, waren die Römerstraßen essenziell. Sie reichten vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer; Ideen, Rohstoffe und Soldaten konnten so recht schnell von A nach B gelangen. Sogar bis heute orientieren sich die Bundesverkehrsminister an den alten Römerstraßen.

Die wunderschöne Bundesstraße B51 und die A1 zwischen Trier und Köln folgen teilweise dem Verlauf der Via Agrippa, damals aber noch mit Tempolimit. Die Karte zeigt, wie weit sich die Römer vorwagten. In Süddeutschland bis zur Donau, bis auf ein paar widerspenstige Gallierdörfer durch ganz Frankreich und sogar bis zum Euphrat.

Das Projekt

„Itiner-e – The Digital Atlas of Ancient Roads“, www.itiner-e.org

Genauer Straßenverlauf trotzdem weitgehend unklar

Wie hat die Forschung herausgefunden, wo die Römerstraßen vor 2.000 Jahren verliefen? Dazu wälzte sie Fachliteratur und identifizierte Straßen mittels historischer Quellen und der Archäologie. Auch Landschaftsformen und Flüsse halfen bei der Arbeit. Um den Verlauf der Straßen zu rekonstruieren, analysierte sie Satellitenbilder und goss die Daten schließlich in die interaktive Karte.

Trotz der neuen Daten ist der genaue Verlauf bei etwa 90 Prozent der Straßen immer noch unklar. Wirklich sicher ist sich die Forschung nur bei circa drei Prozent. In abgelegenen Gebieten wie Germanien scheint die Rekonstruktion besonders schwierig. Dort führten offenbar doch nicht alle Wege nach Rom, sondern in den nächstgelegenen Sumpf.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Was soll der Begriff "Ossis" hier?

    • @MHtaz:

      Die Ostfriesen waren zu wild, die Römer hielten sich auch daher auf der westlichen und südlichen Seite des Rheins auf, wobei sie den selbst schon für Transporte nutzten.

      Kurz gab es Expeditionen in die Flüsse hinein, es gibt auch archäologische Reste auf der "asiatischen" Seite des Rheins, wie Post-Ubier es ausdrücken würden, aber nichts Dauerhaftes.

  • Interessante Fragen zur Logistik und zum Kontext der sogenannten "imperialen Überdehnung":



    Als die Römer...



    "Eine außergewöhnliche und ganz besondere Situation finden wir bei Kalkriese vor, die zudem jedweder bekannten militärischen Kriegsführung und Taktik der Römer widerspricht. Wie kann es sein, dass sich dort drei Legionen, also 18.000 Mann zuzüglich Tross von A nach B marschierend und sich auf nicht befestigten Wegen befindend durchs „Nichts“ bei Kalkriese bewegen…?



    Ferner, sind sich die Verantwortlichen in Kalkriese überhaupt darüber im Klaren, welch eine logistische Herausforderung es für Roms Militär bedeutet 18.000 Soldaten plus Tross zeitgleich von A nach B aus einem einzigen Lager zum nächsten (Nacht) Lager marschieren zu lassen…?"



    Quelle



    www.logistik-des-varus.de/?p=83



    Auch die Ausbeutung des Landes brauchte Straßen.



    Ein anderes Beispiel:



    "Bad Ems: Wie die Römer auf einem Silberschatz saßen, ohne ihn zu finden



    Vor etwa 2.000 Jahren errichteten die Römer in Bad Ems zwei Militärlager, die sie nur kurze Zeit später abrupt verließen. Archäologen vermuten nun, dass den Römern durch ihre frühe Aufgabe der Lager ein wahrer Schatz entging."



    Quelle



    nationalgeographic.de

    • @Martin Rees:

      Straßenbauen kostet Zeit, und Varus war auf einer recht spontanen Expedition, bzw. ließ sich von seinem scheinbaren Kollaborateur Arminius zu jener Aktion verleiten, die ein kluges Imperium erst nach langer Planung und Planierung vorgenommen hätte.



      Vielleicht ist der englische Straßenbau als Vorbereitung zur Invasion Schottlands ein Beispiel. Der dann auch in die andere Richtung gen London genutzt wurde, was die Schotten aber nicht durchzogen. Heute heißt das u.a. West Highland Way und lässt sich (mit Mückenschutz) herrlich bewandern.



      Auch China nahm sich Jahre, um die Brücken und Wege zu bauen, für die Invasionstruppen nach Tibet hinein.

      Jedenfalls blieb das nördliche Rechtsrheinische frei vom imperialen Sklavenhalterstaat Rom bzw. frei von der römischen Zivilisation. Es hat alles Vor- und Nachteile, wie schon Monty Python wusste.

  • In anderen Sprachen führen schon mal "viele" Straßen nach Rom. nicht "alle".



    Wobei ein kleines gallisches Dorf ja immer noch dem Invasor die Stirne bietet.