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Roboter machen Menschen frei

■ Forschungsinstitut zur „Fabrik der Zukunft“ in Berlin eingeweiht / Enge Verflechtungen von Industrie und Forschung / Kritische Studenten wurden nicht eingelassen

Aus Berlin Birgit Meding

Die Berliner Mauerstadt, die sich gern zum High–Tech–Mekka mausern möchte, kam gestern diesem Ziel ein großes Stück näher. Mit umfangreichen Polizeikontrollen im Beisein Bonner Prominenz, dem Bundespräsidenten und ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Weizsäcker, wurde gestern das „Produktionstechnische Zentrum“ eingeweiht. Gefeiert wird die „enge Bindung von Lehre, Forschung und Entwicklung unter dem Themenbereich Fabrik Zukunft“, wie es in den offiziellen Lobeshymnen heißt. In der Tat erweist sich dieses Institut als Schrittmacher auf dem Weg zur Universität und Fabrik der Zukunft. Unter Leitung Pro fessor Spurs, dem der Ruf eines „Automatisierungspapstes“ vorauseilt, werden hier Industrie und Forschung unter einem Dach anwendungsbezogen forschen. Zu diesem Zweck haben sich das Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der Technischen Universität (IWF) und das Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionsanlagen der Fraunhofer Gesellschaft (IPK) zusammengetan. Der Bau des sogenannten Doppelinstituts am Spreebogen kostete die Universität 103,2 Mio DM, während das Fraunhofer–Institut lediglich 32,5 Mio DM dazulegen mußte. Vor Journalisten versuchte gestern Professor Spur Einwänden zu begegnen, es werde hier auch an der menschenleeren Fabrik geforscht. Die Fabrik der Zukunft sei eine „Fabrik des Menschen“. Denn auch Roboter brauchten zur Bedienung eine „große Mannschaft“. Durch die Verbindung von Industrie und Forschung würde das Institut aber vor allem neuen Ausbildungsanforderungen in der technologischen Gesellschaft Rechnung tragen. Die Studenten, die das Institut als Promovierte verließen, hätten dadurch eine „gute Schubkarte“, sprich einen „hohen Marktwert“. Zwar stellte Spur das Problem der Ungelernten nicht in Abrede. Angenehmer war es ihm jedoch, auf neue Betätigungsfelder für arbeitslose Akademiker hinzuweisen. Trotz der rosigen Zukunftsträume für Akademiker wurde gestern Studenten der Einlaß zum „Tag der offenen Tür“ am Doppelinstitut verwehrt. Angeblich, weil durch unkontrollierten Einlaß ein „höheres Gefährdungspotential“ bestehe. Diese Sicherheitmaßnahme dürfte aber nicht von ungefähr kommen. Auf den Leiter des Instituts wurde vergangenen Freitag ein Anschlag verübt, zu dem sich „militante AKW– Gegner“ bekannt hatten. Befragt nach dem Täterkreis meinte Spur gestern: „Das sind nicht meine Studenten.“ Auf mögliche militante Aktionen bereitet man sich unterdessen auch Instituts–intern vor. Ein umfangreiches Code–Kartensystem soll die Bewegungsfreiheit der Angestellten und studentischen Mitarbeiter genauestens registrieren.

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