Roaming in Europa: Billiger doodeln und smsen
Das europäische Parlament legt neue Obergrenzen für Handy-Gespräche fest. Auch mit dem Smartphone ins Netz zu gehen, soll weniger kosten.
BERLIN taz | Der Anruf nach Hause von Mallorca oder Kreta aus wird pünktlich zu den Ferien billiger. Am heutigen Donnerstag will das Europäische Parlament neue Obergrenzen für die Kosten von Handygesprächen aus dem Ausland beschließen.
Eine Mehrheit gilt als sicher, sodass die Regelung am 1. Juli, noch vor der Hauptreisezeit, in Kraft treten kann. „Noch immer ist Telefonieren vom europäischen Ausland ins Heimatland zu teuer“, sagt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner der taz.
Beim sogenannten Roaming verbinden ausländische Netzbesitzer den Feriengast mit dem heimischen Mobilfunknetz. Diese anspruchslose Dienstleistung lassen sie sich üppig vergüten. Bis zu 35 Cent pro Gesprächsminute knüpfen die Firmen dem Gast im Land ab, wenn er ein paar Worte mit den Liebsten daheim wechselt.
Demnächst sinkt der Höchstsatz auf 29 Cent. Der Preis soll sich jeweils zum 1. Juli der beiden kommenden Jahre weiter um je 5 Cent verringern. Die Kosten für das Senden einer SMS sinken im Juli um 2 auf 9 Cent und bis 2014 auf dann noch 6 Cent.
Ende der beliebigen Preise
Die EU will mit regulierten Preisen noch noch einem weiteren Ärgernis für viele Reisende beikommen: Derzeit ist der schnelle Blick auf die Homepage der taz oder der „Tagesschau“ mit dem Smartphone ein teures Vergnügen, weil die Anbieter im Ausland ihren Preis dafür beliebig festsetzen durften.
Ab Juli gelten auch für das sogenannte Daten-Roaming Obergrenzen bei den Gebühren. Pro Megabyte dürfen die Anbieter höchstens 70 Cent verlangen. Wer sich am Strand von Apulien schnell mal die taz-App aufs Handy laden möchte, müsste dafür 2,38 Euro bezahlen. Heute kann das noch ein Mehrfaches davon kosten. Bis 2014 wird die Maximalforderung auf 20 Cent abgesenkt.
Mobilfunkfirmen bieten heute zwar bereits eigene Auslandstarife an. Doch wer keinen speziellen Tarif abschließt und auch in Spanien das Mailfach einsehen möchte, kann schnell auf hohe Rechnungsbeträge kommen. Dieses Risiko besteht auch, weil die internetfähigen Smartphones sich – je nach Einstellung – von selbst einen Internetzugang suchen.
Ein Tarif für ganz Europa?
Um preiswerter ins Internet zu kommen, kaufen sich viele Reisende bereits heute am Kiosk im Ferienort eine sogenannte Prepaid-Karte. Die steckt man in das Telefon und zahlt nur den ortsüblichen Tarif. So bleiben die Kosten überschaubar. Einen Nachteil hat dies allerdings noch bis zum Jahr 2014: Wenn die neue Karte im Handy steckt, hören Anrufer von Zuhause kein Klingelzeichen, sondern eine Bandansage.
Ab Juli 2014 bleiben Reisende unter der gewohnten Nummer erreichbar, wenn sie einen Tarif bei einer Firma buchen, die am Ziel in den Bergen oder am Meer heimisch ist. Anrufe oder SMS muss der deutsche Vertragspartner weiterleiten.
Die neue EU-Verordnung schützt die Verbraucher auch bei einem Aufenthalt außerhalb der EU in gewissem Umfang. Wird die Grenze überschritten, schicken die Mobilfunkfirmen prompt eine Preisliste für Verbindungen in der Türkei oder der Schweiz auf das Display.
Zudem wird für Aufenthalte außerhalb Europas ein Kostenschutz eingeführt. Summieren sich Gebühren auf 50 Euro, piept das Handy. Per SMS sendet die Mobilfunkfirma von zu Hause eine Warnung auf den Broadway oder die Chinesische Mauer. Der Datenaustausch ist dann nur noch möglich, wenn die Reisenden ausdrücklich zustimmen. Außerhalb der EU gibt es aber weiterhin weder für Handytelefonate noch für das mobile Internet Preisgrenzen.
Für die Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU) ist das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht: „Ziel muss es sein, dass der Verbraucher überall in Europa zum selben Tarif wie zu Hause telefonieren kann.“
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