: Risikospiel
■ betr.: „Wasser ist sauberer und gif tiger“, taz vom 15./16. 8. 98
Der in der taz vorgestellte Jahresbericht der deutschen Wasserwirtschaft ist eine bürokratische Auflistung der erfreulicherweise erreichten Erfolge beim Gewässerschutz. Beim Auflisten der Milliarden, die in den Kläranlagenausbau investiert wurden, verlieren die Beamten im Bundesumwelt- und Landwirtschaftsministerium jedoch zum einen aus den Augen, daß Gewässerschutz mehr ist als Kläranlagen-„Aufrüstung“. Zum anderen fehlt diesen alljährlich erscheinenden Bestandsaufnahmen jegliche Vision für ein modernes Abwassermanagement, bei dem (kostspieliger) Beton durch Intelligenz substituiert werden könnte. Kritisch muß aber vor allem festgestellt werden, daß sich die Politik beginnt, auf den erzielten Fortschritten beim Gewässerschutz auszuruhen: Derzeit stehen mehrere Landeswassergesetze vor der Verabschiedung, in denen die Kontrolle des betrieblichen Gewäserschutzes im Sinne von „lean administration“ auf die Industrie selbst übertragen wird. Um einen „schlanken Staat“ zu erreichen, wird in den Bundesländern die Wasserwirtschaftsverwaltung systematisch „ausgedünnt“. Es ist jetzt schon absehbar, daß es in zehn Jahren kaum noch fachkundige Ingenieure und Naturwissenschaftler in der staatlichen Wasserwirtschaftsverwaltung geben wird. [...] Das blauäugige Vertrauen in die Eigenkontrolle von Industrie und Gewerbe wird sich letztlich als Risikospiel zu Lasten des Gewässerschutzes erweisen. Nikolaus Geiler, Freiburg
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