: „Rettet die deutsche Schicksalseiche“
Unter dem Patronat der Bundesregierung formiert sich der „Umweltverband Ökologie“ als Konkurrenz zu den etablierten Umweltorganisationen/ DVU-Aufkleber und rechtsradikales Gedankengut in der Geschäftsstelle ■ Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) — Seit einem guten Jahr halten sich Bundesregierung, Unionsfraktionen und Industrie einen „eigenen“ Umweltverband. Doch der schwarze „Bundesverband Ökologie“ verkauft nicht nur die Bonner Umweltpolitik als wegweisend und läßt in seinem Verbandsorgan die konservative Ministerriege im O-Ton zu Wort kommen. Die Macher des insbesondere in den neuen östlichen Bundesländern rührigen Vereins mischen ihren Aktivitäten mehr oder weniger offen auch einen eigenen Farbton bei: Braun.
Der „Bundesverband“ mit dem seriös-neutralen Namen und Sitz im rheinland-pfälzischen Emmelshausen wird von Hans-Joachim Schunack geleitet und hat nach eigenen Angaben inzwischen etwa 2.000 Mitglieder. Schunack sieht seinen Verein als Konkurrenz zu den etablierten Umweltverbänden. In den Editorials hält er Plädoyers für die „Erneuerung hochbefähigter und engagierter Führungsgruppen in unserem Land“ oder schießt (im Gleichklang mit der Bundesregierung) gegen das von sämtlichen Umweltverbänden seit vielen Jahren geforderte Verbandsklagerecht. Die Möglichkeit für potente Umweltorganisationen, gegen ökologisch schädliche Projekte vor Gericht zu ziehen, wenn betroffene Bürger die hohen Verfahrenskosten nicht berappen können, hält Schunack für Schnickschnack. Den „gewählten Vertretern unseres Volkes“ dürfe die Entscheidung über solche Projekte „nicht aus ideologischen Gesichtspunkten abgenommen werden“.
Bereits seit Frühjahr 1990 nutzte der Bundesverband Ökologie das Barockschloß Burgscheidungen bei Naumburg in der DDR als „Umweltakademie“. Das historische Anwesen gehört (noch) den Erben der früheren Blockpartei CDU. Auch sonst greifen „die gewählten Vertreter unseres Volkes“ dem rechtsgewirkten Verein kräftig unter die Arme: Mit zum Teil mehrseitigen Anzeigen der Bundesregierung im Verbandsorgan „Ökologie“ oder wegweisenden Beiträgen von Klaus Töpfer, Friedrich Zimmermann, Theo Waigel, Ignaz Kiechle und anderen Unionsgrößen, die einem beim Thema Ökologie nicht unbedingt gleich in den Sinn kommen. Da hat die Bundesregierung in der Umweltpolitik „Maßstäbe gesetzt“, der Ex-Wackersdorf- Fan und Ex-Umweltminister aus München Alfred Dick (CSU) fabuliert über das „Prinzip der Nachhaltigkeit“ im Umweltschutz, und Fritz Zimmermann beglückt die Leser mit der erfreulichen Mitteilung, er sei schon immer „Motor des Umweltschutzes im Verkehr“ gewesen.
Auch sonst wirkt die inhaltliche Ausrichtung der Vierteljahresschrift mit einer angeblichen Startauflage von 200.000 stringent: Mal schießt sich das Blatt auf Anti-AKW-Gruppen ein, mal verkauft es den umstrittenen Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) als Öko- und Recycling-Wunder oder feiert — „Neuer Job für harte Jungs“ — die Bundesmarine für ihre „Ölbekämpfung auf See“. Als Inserenten tummeln sich neben Töpfer und Co. die FAZ, Ullstein- verlag und Gerhard Löwenthals „Deutschland-Magazin“.
Der Bundesverband betätigt sich selbst als Lieferant eines Bayer-Pestizids gegen die Bienenkrankheit Varraotose in die DDR. Der Konzern dankt mit einer Anzeige für eben dieses Mittel. Die Sache hat Methode. Ein Loblied auf die südafrikanischen Naturreservate wird mit Fotos der South African Airways unterlegt und mit Inseraten eben dieser staatlichen Fluggesellschaft und der Bonner Botschaft der Rassistenregierung belohnt.
Von nahem betrachtet wirkt das Projekt „Umweltverband Ökologie“ auf Interessenten ernüchternd bis erschreckend. Ein Seminar über „biologischen Landbau“ auf Burgscheidungen bewertet eine Teilnehmerin aus der DDR als „lächerlich und peinlich“. Außer Ideologie sei wenig geboten worden, was den Veranstalter nicht hinderte, die Frau als Mitglied anwerben zu wollen. Von der Sache müsse sie nichts verstehen, es komme nur darauf an, daß sie „ein bißchen reden“ könne.
Zwei Besucherinnen in der Emmelshausener Verbandzentrale registrierten schon vor Jahresfrist geschockt einige Merkwürdigkeiten. In der Kirchstraße 13 residiert der Multifunktionär Schunack nicht nur als Generalsekretär des jungen Umweltverbandes, sondern auch als Chef eines „Merlan-Fachverlages“ und der „Olympic-GmbH“, eines Versandhandels mit röhrenden Hirschen, Keilern und anderem typisch deutschen Getier. Eine Tischplatte in den multifunktionalen Räumlichkeiten zierten CDU-Aufkleber und solche der rechtsextremen „Deutschen Volks Union (DVU).
Und für Besucher, die ihr „Geschäft“ nicht im Schnellgang erledigen, lag auf dem Häusl Erbauliches bereit: Wahlweise ein Schmöker über die nationalsozialistische Wirtschaft (Originalschrifttum mit Originalsymbol) oder ein Faltblatt zur „Notverwaltung des Deutschen Ostens“, ein monatlicher Zirkelbrief der „Gemeinschaft Ost- und Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter“ (GOG). Die „Notverwaltung“ verlangt die Widerherstellung Deutschlands in seinen „völkerrechtlichen Grenzen vom 1.9.1939“.
In der Zeitschrift „Ökologie“ freilich kommen die Ewig-Gestrigen auf etwas leiseren Sohlen daher. Es könnte ja ein Minister unter den Lesern sein. „Rettet die Deutsche Eiche, das Sinnbild des Sieges und Heldentums“, verlangt der Bundesverband. Begründung: „Die deutsche Eiche ist ein Schicksalsbaum der Deutschen, jetzt droht ein deutsches Baumschicksal“.
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