: Reptilien am Rathaus
■ Polizei griff Riesenechse Nähe Rathaus Schöneberg auf Das südostasiatische Reptil wird jetzt aufgepäppelt
Die Nacht war eben über Berlin hereingebrochen, da entdeckten Fußgänger in der Nähe des Rathauses Schöneberg ein merkwürdiges Wesen. Unweit der rot-grünen Regierungszentrale kroch am Freitag abend eine grüne Riesenechse die Kufsteiner Straße entlang. Einer Funkstreife „gelang es“, so der Polizeibericht, um 20.40 Uhr das Reptil einzufangen.
In der „Reptilienzentrale“, einer Wilmersdorfer Zoohandlung, wird das 110 Zentimeter lange Tier jetzt wieder aufgepäppelt. Die Polizei hatte das Viech hier untergebracht, nach ihren Angaben ein Waran. Es handele sich um eine Wasseragame, widersprach gestern Angelika Schulz von der Reptilienzentrale. „Total unterkühlt“ sei der Sauriervetter angekommen, übrigens ein Männchen. Echsenexpertin Schulz vermutete gestern, das Tier sei „irgendwo aus einem Fenster oder von einem Balkon“ gehüpft. „Man muß sehen, ob es innere Verletzungen hat“, sorgte sich Frau Schulz.
Wasseragamen treten normalerweise eher in Südostasien auf als in Schöneberg. Für 300 Mark ist ein solches Reptil aber auch in unseren Breiten käuflich zu erwerben; auch ein durchschnittlich ausgestatteter Reptilienfonds reicht also durchaus aus. „In besonders dicht bebauten Stadtgebieten gibt es einen besonderen Hang, sich solche Tiere zu halten“, hat der ehemalige Schöneberger Gesundheitsstadtrat Reinhold Grün beobachtet. Grün hatte dienstlich öfter mit entlaufenen Exoten zu tun. Im Herbst, noch zu Zeiten des CDU/FDP-Senats, trieben sich im Rathaus-nahen Cheruskerpark fünf Wölfe frei herum. Jetzt also grüne Echsen. Zufall?
Einen Halter des aufgegriffenen Reptils konnte die Polizei noch nicht ermitteln. Meldet sich niemand, gibt die Reptilienzentrale die Wasseragame gegen Unkostenerstattung an interessierte Echsenfreunde ab. Eine normale Wohnung reiche aus, versichert Schulz - für Mensch und Echse. Der Reptilienhalter könne seine Echse frei in der Wohnung herumlaufen lassen. Die Fleischfresser (Insekten, Mäuse, Katzenfutter) haben zwar einen „unheimlichen Bewegungsdrang“, seien aber „nicht aggressiv“. Wer die Echse im Terrarium hält, sollte ihr zwei bis drei Stunden Auslauf gönnen - in der Wohnung. Ein Reptil am Halsband durch die Straße zu führen, gilt als unüblich.
hmt
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