Religiöser Koflikt im Iran: Attentat auf Revolutionsgarden
Ein Selbstmordattentäter hat im Südosten des Irans am Sonntag mindestens 31 Menschen mit in den Tod gerissen, darunter fünf ranghohe Kommandeure der Revolutionsgarden.
TEHERAN ap | Mehr als zwei Dutzend Menschen wurden verletzt, wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete. Der Anschlag ereignete sich in der Provinz Sistan-Balutschistan an der Grenze zu Pakistan. Die Revolutionsgarden hatten dort ein Treffen mit Stammesführern geplant, um für Geschlossenheit zwischen Sunniten und Schiiten zu werben.
Der staatliche Fernsehsender Press TV berichtete von zwei zeitgleichen Explosionen. Eine ereignete sich demnach bei dem Treffen, die zweite hatte einen Konvoi der Revolutionsgarden zum Ziel. Unter den Todesopfern waren laut IRNA der stellvertretende Leiter des Heeres der Revolutionsgarden, General Nur Ali Schooschtari und der Kommandeur der betroffenen Region, Radschab Ali Mohammadsadeh.
Zu der Bluttat bekannte sich zunächst niemand. Der Verdacht fiel auf die sunnitische Organisation Dschundallah (Brigade Gottes), die schon mehrfach Anschläge gegen die Revolutionsgarden und schiitische Ziele im Südosten des Landes verübt hat. Die Revolutionsgarden machten im staatlichen Fernsehen "weltweite Anmaßung" verantwortlich - ein Verweis auf die USA. Parlamentspräsident Ali Laridschani verurteilte den Anschlag.
Im Mai bekannte sich die Dschundallah zu einem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee in Sahedan, der Hauptstadt von Sistan-Balutschistan, bei dem 25 Menschen in den Tod gerissen wurden. 13 Mitglieder der Organisation wurden im Zusammenhang mit dem Anschlag verurteilt und hingerichtet. Im Februar 2007 kamen bei einem Autobombenanschlag nahe Sahedan elf Mitglieder Revolutionsgarden ums Leben.
Opposition will Widerstand fortsetzen
Die iranische Opposition kündigte unterdessen an, ungeachtet des gewaltsamen Vorgehens der Regierung ihren Widerstand gegen die Machthaber fortzusetzen. Trotz des Drucks werde man "keinen Deut vom eingeschlagenen Weg" abweichen und weiterhin demokratische Reformen fordern, erklärten Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und der frühere Präsident Mohammad Chatami nach einem Treffen am Freitag. Das Vorgehen der Regierung gegen Demonstranten und Journalisten sei ein Verstoß gegen die Verfassung und die Scharia, das islamische Recht.
Beim Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Massenproteste nach der Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 12. Juni wurden nach Angaben der Opposition mindestens 72 Menschen getötet, die Regierung spricht von 30 Todesopfern. Tausende Menschen wurden festgenommen, und mehr als 100 müssen sich seit August vor Gericht verantworten.
Einer der prominentesten Aktivisten wurde nach Angaben einer reformorientierten Website zu fünf Jahren Haft verurteilt. Said Hadscharian sei wegen Anstachelung zu Unruhen nach der Präsidentenwahl schuldig gesprochen worden, hieß es am Samstag. Er war nach drei Monaten Haft Anfang des Monats gegen Kaution freigelassen worden.
Inhaftierter Reporter wieder frei
Ein seit knapp vier Monaten im Iran inhaftierter Reporter des US-Nachrichtenmagazins "Newsweek" kam unterdessen gegen Kaution auf freien Fuß. Maziar Bahari wurde IRNA zufolge am Samstag aus dem Teheraner Ewin-Gefängnis entlassen, für ihn sei eine Kaution von drei Milliarden Rial (200.000 Euro) hinterlegt worden. "Newsweek" bestätigte auf seiner Website die Freilassung Baharis, der neben der iranischen die kanadische Staatsbürgerschaft hat. Der Reporter wurde Ende Juni im Zusammenhang mit den Protesten gegen Ahmadinedschads Wiederwahl festgenommen.
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