Rekordergebnis: Deutsche Bank trotzt der Finanzkrise
Der Konzern hat 2007 mit einem Rekordergebnis abgeschlossen - und so die Befürchtungen von Analysten widerlegt. Ackermann lobt sich für sein Risikomanagement.
FRANKFURT/MAIN taz Bei der Vorlage der vorläufigen Bilanz für das vergangene Jahr überraschte Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann mit Sinnsprüchen. "Wenn das Wasser bis zum Hals steht, ist es wenig sinnvoll, den Kopf hängen zu lassen", sagte er am Donnerstag in Frankfurt. Und erklärte gleich darauf, was das für ihn bedeutet: Er glaube weiterhin an die "Vision", die er noch vor der Finanzkrise in den USA entwickelt hatte. Demnach peilt die Deutsche Bank für 2008 einen Vorsteuergewinn von 8,4 Milliarden Euro an. Sein bestes Argument: Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis des Konzerns vor Steuern sogar bei 8,7 Milliarden Euro. Netto bleibt ein Gewinn von 6,5 Milliarden Euro - und das obwohl die Deutsche Bank insgesamt 2,25 Milliarden Euro aus Fehlspekulationen in den USA abschreiben musste.
"2007 war wieder ein Spitzenjahr für die Deutsche Bank", frohlockte Ackermann, der an diesem Tag auch seinen 60. Geburtstag feierte, denn auch entsprechend. "Wir haben uns gut geschlagen und bleiben zuversichtlich", sagte er. Tatsächlich hatte er auch allen Grund zur Freude: Denn immerhin mussten andere Großbanken in Europa vor allem wegen ihres Engagements auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt noch im vierten Quartal deutliche Wertberichtigungen vornehmen und auch ihre Gewinnerwartungsprognosen drastisch nach unten korrigieren. Die französische Bank Société Générale wurde gar von einem ihrer Angestellten ausgeplündert.
Die Deutsche Bank dagegen kann auch zu ihren Aktionären großzügig sein. Für das vergangene Jahr sollen sie mit einer Dividende von 4,50 Euro bedacht werden, das sind noch 50 Cent mehr als im Vorjahr.
Dass die "Verwerfungen" in den USA der Deutschen Bank die Bilanz nicht allzu sehr verhageln, führte Ackermann darauf zurück, dass sich das Unternehmen rechtzeitig aus dem schwierig gewordenen US-Markt "rausgezogen" habe, während andere noch investiert hätten.
Die jetzigen Probleme auf den Finanzmärkten seien vor allem auf einen "Mangel an Transparenz" zurückzuführen, so der Konzernchef. Dieser bestehe sowohl intern bei den Geldinstituten als auch extern auf den Märkten. Zudem forderte er, für die Analyse der komplexen Struktur von Finanzprodukten genauere Bewertungsmaßstäbe zu erarbeiten. Finanzinstitute und Aufsichtsbehörden müssten jetzt "noch intensiver" daran arbeiten, mehr Klarheit über die Verteilung der Risiken im globalen Finanzsystem herzustellen. Ziel müsse sein, das Vertrauen der Anleger wieder zu gewinnen.
In Sachen Transparenz ist die Deutsche Bank mit gutem Beispiel vorangegangen. Schon im dritten Quartal 2007 hatte sie Wertberichtigungen von 2,2 Milliarden Euro vorgenommen, im vierten musste sie dann nur noch weitere 50 Millionen abschreiben - bei vielen Konkurrenten wurden die Probleme da erst evident. Es sei weltweit honoriert worden, dass man die eigene Kundschaft bereits Anfang September über Art und Umfang des Engagements in den "von Turbulenzen betroffenen Marktsegmenten" und die sich daraus ergebenden Auswirkungen informiert habe, sagte Ackermann. Sein Fazit: "Insgesamt wurde die Deutsche Bank von der Krise weitaus weniger stark betroffen als viele unserer internationalen Wettbewerber - ein überzeugender Beweis für unserer starkes Risikomanagement."
Der Konzernchef verkannte dennoch nicht, "dass sich die Probleme an den Kreditmärkten in den nächsten Monaten auch realwirtschaftlich deutlicher bemerkbar machen" werden. "Stärker werden" ist deshalb seine Devise. Eine deutsche Bank würde die Deutsche Bank gerne zukaufen. Die Postbank etwa findet er "interessant". Den Billigbankenmarkt in Deutschland will er ohnehin mit der auf Wachstum programmierten Norisbank weiter aufmischen. Und auch international auf Einkaufstour gehen, um dem "Megatrend Globalisierung" gerecht zu werden. In Indien wird das Filialnetz ausgebaut, in Schanghai steht die Gründung der Deutschen Bank China bevor - und eine Kooperation mit der Hua-Xia-Bank. Im Nahen Osten und in Nordafrika werden weitere Niederlassungen eröffnet und Beteiligungen avisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren