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Reizvoll wie Papis Urlaubsvideo

■ Der SFB-"Tatort" hat es nicht leicht - und Roiters neuster Fall ist so einfallslos und künstlich, daß nun sogar Darsteller ihn scheußlich finden ("Tatort: Der zweite Mann", So., 20.15 Uhr, ARD)

Jetzt ist Schluß. Viel zu lange sind wir Glatzeder aufgesessen, haben dahingeschmolzene Damen von seinen warmen Augen und seiner bedeutenden DDR-Karriere schwärmen hören und geduldig trashverliebten Kollegen das bodenlose SFB-Tatort-Gemache der Vergangenheit als „so schlecht, daß es schon wieder schön sein könnte“, abgenommen. Das war mal lustig. Diese Zeiten sind vorbei.

Dabei war die (in der 25jährigen „Tatort“-Geschichte einmalige) ARD-Entscheidung, den letzten SFB-Krimi vor vier Wochen wegen mangelhafter Qualität von der Sonntags-Prime-time in die späte Montagnacht abzuschieben, ja durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn uns nun aber die nächste abgeschmackte SFB-Geschichte in Soap-Qualität als Sonntags-„Tatort“ vorgesetzt wird, sollte man sich doch langsam mal überlegen, ob der Sendeplatz nicht besser mit einer Direktschaltung aus dem Berliner „Offenen Kanal“ genutzt wäre – die Fernsehschaffenden dort produzieren genauso billig wie offensichtlich der SFB, haben aber bessere Ergebnisse vorzuweisen.

Da ist es nur konsequent, wenn Robinson Reichel alias Kommissar Zorowski im Zorn bzw. in der Fernsehzeitschrift Gong seinem Sender SFB vorwirft, „ein völlig kopfloser Haufen“ zu sein, weil die SFB- „Tatorte“ mit einer billigen Videokamera gedreht werden. Das sehe aus „wie Papis Urlaubsvideos“, so Reichel, deswegen wolle er seine Arbeit als TV-Kommissar niederlegen. Er hat recht, auch wenn er das Problem des SFB nur auf die Technik reduziert. Denn etwas mehr Mühe bei Schauspielerei, Drehbuch und Musik hätte den Bildqualitätsmangel durchaus aufheben, ja, gar zum reizvollen Stilmittel machen können.

Aber machen Sie sich selbst die Mühe (nur zwei Minuten lang, bitte schön): Vorhang auf, „Der zweite Mann“. Da dudelt eine einfallslose Sythesizermelodie zu einem künstlich ausgeleuchteten Studio- Schmuckraub, während die Kamera ungelenk auf den wächsernen Gesichtern der Schauspieler umherschlenkert. Und bei Roiter (Glatzeder) und Zorowski (Reichel) im Büro sieht es kaum anders aus als in der Wohnküche im „Marienhof“: alles Retorte. Die Liebesgeschichte zwischen Roiter und der verdächtigen Zeugin Melissa (Birgit Doll) möchte überhaupt nicht einleuchten – beide Rollen sind so oberflächlich angelegt und gespielt, daß so etwas wie Gefühl für den Betrachter nicht nachvollziehbar wird. Dasselbe gilt für den Konflikt Roiter–Zorowski: Eifersucht? Konkurrenz? Alter? Keine Hintergründe, nichts von den lang angelegten Charakterstudien der Hauptfiguren, welche die anderen ARD-„Tatorte“ auszeichnet. Da muß man sich dann eben auf die Mord-Geschichte verlassen – und die ist dürftig. Wer nicht nach zehn Minuten weiß, wer der Täter ist, hat wohl noch nie einen Krimi gesehen. Das Buch stammt von Christos Yiannopoulos, der auch schon für das „Hotel Mama“ und die „Kurklinik Rosenau“ zur Feder gegriffen hat.

Die Briefe einiger „Tatort“-Regisseure an den SFB-Intendanten mit der Bitte, doch wieder zur bewährten Kameratechnik zurückzukehren, sind unbeantwortet geblieben, meldet der Gong. Vielleicht wissen die Herren dort: Das würde wohl auch nichts helfen. Stefan Kuzmany

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