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Reisende im Feindbild-Abbau

Eine Delegation von DDR-Soldaten besuchte den Bundeswehrarbeitskreis „Darmstädter Signal“  ■  Von Barbara Geier

Bonn (taz) - Eine knappe Woche lang hat eine sechsköpfige Delegation von Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) auf Einladung des Arbeitskreises „Darmstädter Signal“ (ds) bis gestern die Noch-Hauptstadt der Bundesrepublik besucht. Das „ds“, ein Arbeitskreis von rund 200 Bundeswehrsoldaten, hatte sich im September 1983 gebildet und tritt mit den Forderungen nach Abrüstung aller Streitkräfte in Europa und der Auflösung der abgerüsteten Militärverbände an die Öffentlichkeit.

Der Sprecher und Mitbegründer des „ds“, Major Helmut Prieß, der die Delegation bei ihren lediglich inoffiziellen Gesprächen mit Bundeswehrangehörigen, beim Streitkräfteamt in Meckenheim und beim Zentrum Innere Führung der Bundeswehr begleitete, führte gestern in Bonn vor der Presse aus, daß es seinem Eindruck nach mittlerweile möglich sei, mit Soldaten der NVA uneingeschränkt über alle Themen Gespräche zu führen.

Hinter der Einladung, die bereits ein dreiviertel Jahr vor der sogenannten Wende ausgesprochen wurde, steht für den Darmstädter Arbeitskreis der Versuch, „unser Interesse an der Demokratisierung der Armee, an Abrüstung in Europa, auch in die Köpfe der Nationalen Volksarmee zu kriegen“.

NVA-Oberst Ulrich Schloeßer, der seit 22 Jahren bei den DDR -Streitkräften Dienst tut, tat sich hingegen sichtlich schwer mit der Beantwortung der Frage, was er von seinem neuen Minister für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann, halten sollte. Schließlich meinte er: „Wir stehen loyal zu jeder demokratisch legitimierten Regierung und sind damit auch bereit, die Aufgaben des entsprechenden Ministers zu erfüllen.“ Solange die DDR als souveräner Staat existiere, habe die NVA, wenn auch „in kräftigen Schüben von Abrüstung“ noch wichtige Aufgaben wahrzunehmen. Er kann sich vorstellen, daß ein reduzierter Verband auf dem Gebiet der DDR verbleibt, der nicht in die Nato integriert wird. Im Prozeß der gesellschaftlichen Veränderung wirkt die NVA nach seinen Worten nicht zuletzt auch dadurch stabilisierend, daß sie zum Beispiel die „mächtigen Waffenarsenale“ des Amtes für nationale Sicherheit zuverlässig bewacht.

Der Veränderungsprozeß innerhalb der Nationalen Volksarmee sei zunächst unter der Vorstellung initiiert worden, daß es weiterhin eine souveräne DDR gebe. Auf die Demokratisierung der Streitkräfte angesprochen, berichtete der Oberst aus der DDR, daß Untersuchungskommissionen eingerichtet worden seien, die sich mit Vorgängen in der Vergangenheit beschäftigten, und daß es bei Generälen und Chefs der Teilstreitkräften Versetzungen „in die Reserve“ gegeben habe. Darüber hinaus seien die Parteistrukturen in der NVA aufgelöst und jegliche parteipolitische Betätigung innerhalb der Streitkräfte verboten worden.

Für die völlige Auflösung der NVA, sollte sie politisch beschlossen werden, kann sich Oberst Schloeßer, der an der Militärpolitischen Hochschule bei Berlin unterrichtet, einen Zeitraum von zehn Jahren vorstellen. In diesem müßte der „Prozeß der technischen und sozialen Konversion geregelt werden“. Mit technischer Hilfe aus der Bundesrepublik ließe sich der Abrüstungsprozeß allerdings erheblich verkürzen.

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