piwik no script img

Reisen bildet

■ Bürgerschaftler informieren sich in Bosnien: Kein Zurück für Flüchtlinge

Zwei Wochen lang haben Abgeordnete der GAL- und der CDU-Bürgerschaftsfraktionen Bosnien und Kroatien bereist. Erkenntnisse wollten sie darüber sammeln, ob, wann und wie Bürgerkriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können. Die im Vertrag von Dayton vereinbarte Rückkehr finde zur Zeit nicht statt, faßt Karen Koop (CDU) zusammen, und werde in absehbarer Zeit auch nicht stattfinden können. Die Vizepräsidentin der Bürgerschaft, Ulla Bussek (GAL), bezeichnete die Pläne von Innensenator Hartmuth Wrocklage, ab Oktober Alleinstehende und kinderlose Ehepaare „zurückzuführen“, als absurd.

„Wenn wir die Flüchtlinge zur Rückkehr zwingen“, erklärt Koop, „errichten wir nur neue Flüchtlingslager.“ Wohnraum, der während des Krieges nicht zerstört wurde, sei von Flüchtlingen aus Ost-Bosnien besetzt. Deren Häuser wiederum werden von Serben bewohnt. Straßen, Brücken, Elektro- und Wasserleitungen – die gesamte Infrastruktur sei in einem sehr schlechten Zustand und eine Rücckehr der Flüchtlinge aus Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt nicht erwünscht. Die Reise habe sie dazu gebracht, sagt Koop, ihre Meinung zu revidieren. In ihrer Fraktion will die CDU-Abgeordnete entsprechende Überzeugungsarbeit leisten. Eine Abgeordnete der SPD-Fraktion hatte die Reise kurzfristig abgesagt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Reisegruppe stimmen überein, daß der Schwerpunkt der Unterstützung aus dem Ausland nicht mehr auf humanitärer Hilfe liegen soll. Bosnien brauche nun Angeln und keine Fische mehr, zitiert GALier Martin Schmidt den Bürgermeister der bosnischen Stadt Tuzla. Konkrete Projekte müßten direkt gefördert werden. Das sei effektiver, als weiterhin auf eine „große politische Lösung“ zu warten, meint auch Koop. Ergänzend sollen vor den Wahlen in Bosnien im September Wahlkampfveranstaltungen stattfinden – für die wahlberechtigten Flüchtlinge in der Hansestadt. Stefanie Winter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen