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Reinkarnationen

■ Edson Cordeiro gastierte in der Fabrik

Lebende und tote Damen zusammen in einem Konzert? Am Sonntag abend in der Fabrik standen Edith Piaf, die Callas, Mahalia Jackson und Nina Hagen gemeinsam auf der Bühne, und zwar in Form eines kleinen Mannes. Edson Cordeiro aus Sao Paulo, seit seinem Debüt 1990 in Brasilien ein Kult-Star, zeigte auf seiner zweiten Tournee durch die Alte Welt, was ein Mensch mit einer Stimme machen kann. Von Belcantotrillern und Nina-Hagen-Kiecksern zu tieftragenden Soultönen bedient er sich dazu eines sauberen Stimmumfangs von vier Oktaven. Und mit dieser durch zehnjähriges Singen im Kirchenchor geschulten Stimme brilliert er in fünf Sprachen durch alle Musikformen. Samba und Mozartarie, Gregorianik und Funk, Sevilliana und Deutsches Lied und natürlich Musica Popular Brasileira befinden sich im endlos weiter aufgeschnürten Überraschungspaket.

„Man muß die Musik anziehen, nicht den Bühnenfummel“, sagt der Brasilianer und grenzt sich nachdrücklich gegen bloße Imitation ab. Nur begleitet von Miguel Briamonte am Piano und Eduardo Contrera, Percussion und Berimbao, schlüpft der theatererfahrene Edson Cordeiro auch körperlich in die verschiedenen Ausdruckshaltungen der Musikgeschichte. Der Kritiker, der nur Exibitionismus und Eklektizismus erwartet, wird von schierem Vergnügen fortgespült und erweicht im begeisterten Applaus bis über die dritte Zugabe hinaus.

Hajo Schiff

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