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Regression und Magie

Das Traumtheater Salome stellt seine AkteurInnen auf der Alsterbühne aus – mit Glamour, Glimmer und viel Kitsch  ■ Von Kerstin Kellermann

In Glaskästen prangen Juwelen, Leihgaben von Hamburger Juwelieren. Edel ist das Publikum in Pelze gehüllt. Polinnen in Katzenkostümen kleben den BesucherInnen am Zelteingang einen schimmernden Stern ins Gesicht: Willkommen in der Welt der Regression, willkommen im Traumtheater Salome.

Rappelvoll ist das Theaterzelt auf der Alsterinsel zur Premiere von „Magie, Möglichkeit des Schönen“. Es ist die sechste Produktion der „Gaukler und Zauberer“ aus Köln. Artisten und Akrobaten aus 13 Ländern, hauptsächlich aus Polen und Rußland, arbeiten hier. „Da, wo Menschen wie Kinder staunen ..., löst die Zeit sich in Zeit auf“, schwärmt der Prospekt. Die Salome-Phantasie ist kindlich, mit Figuren und Kostümen, die an Walt Disney erinnern. Und mit der Auflösung der Zeit ist wohl die Playbackstimme des Erzählers gemeint.

Roter Faden durch den Abend ist nicht die biblische Geschichte der Salome, deren Vater Johannes den Täufer köpfen ließ. Das Programm des Traumtheaters ist ein Sammelsurium von einzelnen Bildern, deren Verknüpfung den Zuschauern überlassen bleibt. Ein brennender Geigenbogen, ein riesiges Spinnennetz, Figuren auf Stelzen mit flatternden Umhängen – bei diesen Phantasiebildern scheint plötzlich auch die kleinste Handbewegung, untermalt von melodramatischer Musik, von Bedeutung zu sein.

Doch worin liegt diese Bedeutung? Im Kontrast zu blutrünstigen TV-Abenden mit zehn Morden auf drei Kanälen zeigt das Zelttheater Harmoniegedusel voll glitzerndem Tand. Aalglatt folgt Traumszene auf Traumszene. Drei Harmoniespender finden sich in jedem Bild. Erstens: Es ist alles Gold, was glänzt. Zweitens: Sphärische Discomusik der 70er Jahre weckt süße Erinnerungen. Drittens: Männchen und Weibchen sind geil aufeinander. Wie spannend!

Die repressive Gewalt dieser Phantasie zeigt sich, als eine asiatische Künstlerin mit rotem Teufelsschweif sich einer schwarzen männlichen Kreatur unterwirft – und damit den Mythos der Triebhaftigkeit asiatischer Frauen auf die Bühne zu stellen scheint. Es zeugt schon von Rassismus, in dieser Traumwelt, in der hauptsächlich MigrantInnen arbeiten, diese als feurige Tiere zu inszenieren. Der vorgeführte Menschenzoo ist komplett, als sich ein Artist mit völlig verknotetem Körper in einen aquariumgroßen Glaskasten zwängt und minutenlang auf einem Tisch gedreht wird. „Wenn das ein Demonstrant wäre, würden alle behaupten, wir wären das gewesen“, kichert ein Polizist im Publikum.

In dem dekorierten und überladenen Kitsch fällt eine beeindruckend einfache Szene auf: Auf komplett dunkler Bühne tanzen zwei blaugefärbte Hände, die eine Maske und einen Reifen hervorzaubern, dann verkleinern und wieder verschwinden lassen. Als die ZuschauerInnen das Zelt verlassen, liegt ein bewußtloser Mann auf der Metalltreppe. Was ihn wohl umgehauen hat?

Bis 31. Dezember, Binnenalster

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