: Regierungsparteien im absoluten Stimmungstief
Mainz (afp/dpa) — Zum ersten Mal seit der Bundestagswahl im Dezember 1990 hat die Bonner Koalition aus CDU/CSU und FDP in einer Umfrage des ZDF-Politbarometers ihre Mehrheit verloren. Die Regierungsparteien, vor allem die Union, befinden sich in einem absoluten Stimmungstief, ermittelte die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen in ihrer Mai-Umfrage. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären, erhielten CDU/CSU demnach 38 Prozent, ein Prozent weniger als im Vormonat. Die Sozialdemokraten blieben unverändert bei 38 Prozent und die FDP bei acht Prozent. Die Grünen könnten sich über einen Stimmengewinn von acht auf neun Prozent freuen. Unverändert blieben auch die sonstigen Parteien mit sieben Prozent, davon vier Prozent für die „Republikaner“ und 1,5 Prozent für die PDS.
Der Negativtrend gegen die Koalition spiegelt sich der Umfrage zufolge auch in der deutlich steigenden Unzufriedenheit mit der Regierung wider. Auf der Skala von plus fünf bis minus fünf erreicht sie nur noch einen Wert von minus 0,4. Anfang des Jahres lag dieser Wert immerhin noch bei plus 0,6. Die SPD kann von der Unzufriedenheit nicht profitieren. Sie erreichte im Mai nur einen Wert von plus 0,3, während er im Januar noch bei plus 0,6 lag.
Die Gründe für das Tief der Regierung sind laut Politbarometer Führungsschwäche der Politiker, mangelnde Kompetenz und viele ungelöste Probleme. 58 Prozent aller Deutschen sind inzwischen davon überzeugt, daß nicht die richtigen Personen in den führenden Positionen sitzen. Ende 1991 waren dies nur 44 Prozent. Klare Vorstellungen gibt es in der Bevölkerung zu den ungelösten Fragen eines neuen Abtreibungsrechts und der Pflegeversicherung. Nahezu drei Viertel aller Deutschen sprechen sich beim Paragraphen 218 für eine Fristenlösung aus— dabei sind 40 Prozent für eine Fristenlösung mit umfassender Beratung. Für die Einführung einer Pflichtversicherung im Pflegefall sind 74 Prozent der Bürger. Träger soll für 70 Prozent der Befragten der Staat sein; die Kosten sollen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, meinen 71 Prozent.
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