Rechtspopulisten im EU-Parlament: Die Suche nach dem siebten Mann
Geert Wilders und Marine Le Pen brauchen Partner aus fünf weiteren Ländern – sonst können sie nach der Wahl keine Fraktion im Europaparlament bilden.
AMSTERDAM taz | Die Hoffnung hat vier Buchstaben: Ukip. Eine Woche vor den Europawahlen steht Geert Wilders, Mitinitiator der geplanten Europäische Allianz für Freiheit (EAF, bisher keine Fraktion) vor der internationalen Presse. Sein Wunsch: Die United Kingdom Independance Party (Ukip) möge sich nach dem Votum vom Wochenende doch noch seinem Rechtsbündnis anschließen. Nicht nur, weil die Ukip eine der stärksten Parteien im europafeindlichen Spektrum ist – oder wegen des integrativen Potenzials ihres Vorsitzenden Nigel Farage. Nein: Die von Wilders anvisierte Allianz braucht vor allem dringend ein siebtes Mitglied.
In der Fraktion „Europa der Freiheit und Demokratie“ (EFD, 39 Sitze) gibt die nationalistische Ukip den Ton an. Zugleich versucht die EAF Ukip auf ihre Seite zu ziehen. Wilders’ eigene Partij voor de Vrijheid (PVV) und der Front National von Marine Le Pen sind die Initiatoren der EAF, das sich als „Faust gegen Europa“ sieht.
Beide haben gute Chancen, im jeweiligen Land stärkste Partei zu werden. Als sicher gilt, dass sich die FPÖ, die eine vergleichbare Ausgangslage hat, anschließt. Auch der deutlich schwächere Vlaams Belang aus Belgien dürfte mitmachen, ebenso Schwedendemokraten und Lega Nord, mit denen Wilders entsprechende Gespräche führte.
Um im EU-Parlament eine Fraktion zu bilden, sind 25 Sitze nötig. Diese Hürde stellt für die Allianz kein Problem dar, sie dürfte zwischen 30 und 40 Abgeordnete haben. Entscheidend wird aber das zweite Kriterium: ein Viertel der 28 Mitgliedsstaaten müssen in der Fraktion vertreten sein. Und um dies zu erfüllen, sucht die Vereinigung „patriotischer Parteien“ (Marine Le Pen) dringend Verstärkung.
Es liegt nahe, dass man dabei Mitgliedern einer anderen Fraktion Avancen macht: „Europe of Freedom and Democracy“, einem Bündnis euroskeptischer, rechtspopulistischer Parteien, dem nicht nur die Lega Nord angehört, sondern auch Ukip. Nur: Ukip sieht sich selbst als libertäre Partei, die sich von Wilders’ Tiraden gegen Muslime, vor allem aber von der antisemitischen Vergangenheit des FN abgestoßen fühlt. Erst im April wies man die Einladung von Marine Le Pen ab, sich dem Bündnis anzuschließen.
Korb aus Deutschland
Kaum Hoffnung kann die sich auch auf einen alten Verbündeten Wilders’ machen: die Dänische Volkspartei (DF), für die eine Kooperation mit dem Front National aus den gleichen Gründen nicht in Frage kommt. Auch die deutsche AfD hat Wilders und Le Pen einen Korb gegeben.
Besonders radikalen Parteien wie British National Party, Goldene Morgenröte und Jobbik lehnte Wilders seinerseits vergangene Woche zum wiederholten Male als Bündnispartner ab. Diese Ansage ist durchaus glaubhaft, denn der inhaltliche Unterschied ist enorm, auch wenn FPÖ, Vlaams Belang und FN rechtsextreme Ränder haben.
Als mögliches siebtes Mitglied gilt die slowakische Nationalpartei (SNS). Berechnungen von Vote Watch Europe zufolge läge man damit bei 38 Sitzen. Eine feste Zusage aus Bratislava gibt es bislang allerdings nicht.
Eine Fraktion zu bilden, bleibt indes für Wilders und Le Pen das übergeordnete Ziel. Denn so haben sie mehr Befugnisse: Sitze in wichtige Kommissionen, mehr Redezeit, das Recht, Änderungsvorschläge zu machen. Fraktionsunabhängige Abgeordnete im europäischen Parlament können dies nicht.
Dass es auch unmittelbar vor den Wahlen noch Spekulationen gibt, sehen nicht Wenige als Bestätigung der These, eine internationale Zusammenarbeit von Nationalisten sei per Definition schwierig bis unmöglich. Dabei werden zwei Aspekte leicht übersehen: Im Rahmen des „Europa der Vaterländer“-Konzepts unterhalten nationalistische Parteien längst gute Kontakte. Und dann ist die inhaltliche Schnittmenge klein genug, um den Dissens gering zu halten. Wilders beschreibt sie so: „Weniger Europa, mehr nationale Identität.“
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