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Rechtsanspruch für Bluter

■ Gutachten: Zu späte Warnung vor HIV-verseuchten Blutpräparaten

Bonn (AP/taz) – Bluter, die durch Gerinnungspräparate mit dem Aids-Virus infiziert wurden, können nach einem Rechtsgutachten der Universität Bremen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche an den Staat stellen. Der Staat sei seiner Schutzpflicht nicht nachgekommen, erklärte Professor Gert Brüggemeier am Dienstag in Bonn. Die Deutsche Hämophiliegesellschaft, die die Interessen der Bluter vertritt, nannte es „skandalös“, daß sich nahezu alle Verantwortlichen weigerten, Geld in eine Stiftung einzuzahlen, mit dem Betroffenen ein Ausgleich gezahlt werden solle.

Brüggemeier, Direktor am Institut für Europäische Rechtspolitik, erklärte, er habe die Staatshaftung für Aufsichtsfehler des Bundesgesundheitsamtes in den Jahren 1983 bis 1985 untersucht. Damals waren bedenkliche Blutpräparate vertrieben und selbst nach Oktober 1985, als der HIV-Antikörpertest für Blut- und Plasmaspenden vorgeschrieben wurden, nicht zurückgerufen worden. Anders als für die Risikogruppen der Drogenabhängigen und Homosexuellen habe es für die Bluter keine Selbstschutzmöglichkeit gegen das Aids-Infektionsrisiko gegeben, erklärte Brüggemeier. Sie seien auf den Schutz durch eine staatliche Institution angewiesen gewesen, der der Gesetzgeber 1976 durch erweiterte Kompetenzen die Verhinderung von Arzneimittelkatastrophen wie den Contergan-Skandal anvertraut hatte – das Bundesgesundheitsamt.

Die Gesellschaft berichtete, im vergangenen Jahr seien 86 Prozent der Todesfälle bei Blutern in Deutschland durch Aids verursacht worden. Rund 1.500 Bluter seien durch verseuchte Blutgerinnungspräparate mit dem Immunschwächevirus angesteckt worden. Mehr als 500 der infizierten Bluter seien bereits tot.

Der Staat müsse jetzt den finanziellen Rahmen für eine Stiftung schaffen oder in Vorleistung treten, forderte die Vorsitzende Ute Braun. Die Betroffenen seien tief enttäuscht darüber, daß die Stiftungslösung vorläufig gescheitert sei. Nahezu alle Verantwortlichen – Pharmaindustrie, Versicherungen, Bundesregierung, Länder, Blutspendedienste, Deutsches Rotes Kreuz und Ärzteverbände – weigerten sich, Geld in eine Stiftung einzuzahlen.

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