: Rechts-Lage? -betr.: "Humanität zu teuer",taz vom 26.7.1995
Betr.: „Humanität zu teuer“, taz vom 26.7.
Die Denkfigur „Wir erhalten Geld der anderen, deshalb dürfen wir nur noch ganz kleine Brötchen backen“ wird zunehmend zum Totschlagargument. Mal abgesehen davon, daß damit natürlich kräftig Politik gemacht wird, als ob es von „den anderen“ gnädiger aufgenommen würde, wenn mit „deren“ Geld hier eine blindwütige Subventionspolitik gemacht wird, zeugt diese Denkfigur von einem ungewöhnlichen Rechtsstaatsverständnis.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts spricht Bremen, da es weitgehend unverschuldet in eine Haushaltsnotlage geraten ist, Geld zu zur Verbesserung der Haushalts- und Finanzlage. An diesen Rechtsanspruch ist weder die Bedingung geknüpft, bei Sparmanövern im Sozialbereich die Vorreiterrolle zu spielen, noch, keine bosnischen mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Man sollte schon selber die Verantwortung für die Politik übernehmen, anstatt sich hinter den anderen zu verstecken. Dann wird auch deutlich, wohin es nicht gehen sollte: Bremens Eigenständigkeit existiert nur noch auf dem Papier, Köpfe und Herzen werden stillgelegt, einzig Füße werden noch gebraucht, um den anderen hinterherzulatschen.
Karoline Linnert, MdBBÜ, Bündnis 90/Grüne
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