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Archiv-Artikel

Rechte punktuell erfolgreich

Entwarnung ist voreilig: Obwohl NRW kein Schwerpunktland der Neonazis ist, konnten diese ihr Ergebnis verbessern. Vor der Landtagswahl droht Bündelung der Kräfte von REP, NPD und DVU

BOCHUM taz ■ „Wie erwartet haben extremistische Parteien und Wahlbündnisse hier landesweit keinen Durchbruch geschafft“, beurteilt der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) die NRW-Kommunalwahl. Stimmt leider nur zum Teil. Dort, wo die Rechten angetreten waren, wurden sie mit einem höheren Stimmenanteil als je zuvor gewählt. In die Schieflage gerät das landesweite Bild vor allem dadurch, dass Vertreter vom rechten Rand nur bei jeder dritten Ratswahl kandidierten. „Die Rechten treten nur in den Bezirken an, wo sie sich wirkliche Erfolge erhoffen“, sagt Martin Dietzsch vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS).

Die Republikaner werden mit 0,6 Prozent (41.678) der Stimmen an landesweit sechster Stelle geführt. DVU, NPD und Co bleiben noch dahinter. Die drei rechtsradikalen Parteien konnten wegen der lückenhaften Aufstellung zusammen gerade 31.000 Stimmen dazugewinnen. Durch den Wegfall der 5-Prozent-Hürde kamen landesweit jedoch mehrere 100 rechtsextreme Abgeordnete in die Stadt- und Gemeinderäte. In Herne erzielten die Republikaner 4,7 Prozent (1999: 3,1 Prozent). Die Rechtsradikalen sitzen mit drei Abgeordneten im Herner Rat. In Dortmund zog die DVU ebenfalls mit drei Abgeordneten und 3,1 Prozent der Stimmen (1999: 2,1 Pozent) in den Stadtrat ein. Auffällig dabei der relativ hohe Anteil der Jungwähler. Nach ersten Umfragen gaben knapp zehn Prozent der 16 bis 17-Jährigen in Dortmund ihre Stimme der DVU.

Besonders in der strukturschwachen Emscher-Lippe-Region konnten die Rechten zulegen. In den Städten am nördlichen Rand des Ruhrgebiets kamen sie flächendeckend auf über 5 Prozent. Im Duisburger Norden lag die NPD teilweise über 6 Prozent. In Bochum kandidierte die NPD nur im Stadtteil Wattenscheid. Dort, wo sie auch ihre Landeszentrale haben, zogen die Nazis mit 2,8 Prozent erstmals in die Bezirksvertretung ein. In den übrigen Städten und Kreisen konnte rechte Parteien rund um ein Drittel zulegen. In Witten kam die NPD auf 2,2 Prozent, in Mönchengladbach auf 2,5 Prozent. Im sauerländischen Märkischen Kreis erreichten NPD und Republikaner zusammen 3,5 Prozent. Das rechtsextreme Bündnis Pro Köln kam auf 4,7 Prozent. Die Duisburger Pro-Bürger-Partei, die mit einem programmatischen Mix aus Schill und Republikaner angetreten war, landete bei 3 Prozent.

Ähnlich wie bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen traten NPD und DVU erstmals in NRW nicht als direkte Konkurrenten an. In Lüdenscheid zog ein NPD-Mitglied auf der Republikaner-Liste mit 3,2 Prozent in den Stadtrat ein. „In der Vergangenheit haben sich die Parteien am rechten Rand oft gegenseitig die Stimmen weggenommen“, sagt der Bochumer Politologe, Uwe Andersen. Zur NRW-Landtagswahl 2005 und Bundestagswahl 2006 sei eine weitere Bündelung der Kräfte zu befürchten. HOLGER PAULER