Raumfahrt: Für 200.000 Euro ins All
EADS-Tochter Astrium steigt in den Weltraumtourismus ein. Bis 2020 erwartet der Konzern 20.000 Interessenten - und will sich ein Drittel des Geschäfts sichern.
Paris (AP) Der europäische Raumfahrtkonzern Astrium will US-Amerikanern und Russen beim Weltraumtourismus Konkurrenz machen. Astrium stellte am Mittwochabend in Paris das Konzept eines neuen Raumfahrzeuges vor, das bis zu vier Fluggäste auf eine Höhe von 100 Kilometern über der Erde bringen und dort drei Minuten in der Schwerelosigkeit schweben soll. Der erste Ausflug sei für 2012 geplant, sagte Astrium-Sprecher Mathias Pikelj. Die Kosten sollen bei 150.000 bis 200.000 Euro pro Fluggast liegen.
Bei dem Raumfahrzeug handelt es sich um ein Flugzeug von der Größe eines Privatjets, das mit Raketentriebwerken ausgestattet ist. Es soll von einem herkömmlichen Flughafen starten und in Höhe von 13 Kilometern die Raketentriebwerke zünden. Bei etwa 100 Kilometern Flughöhe steuert der Pilot das Fahrzeug mit Kleintriebwerken. "Dann gehören die Fluggäste zu den wenigen Menschen, die die Schwerelosigkeit im All erleben können", erklärte Astrium.
Bis zum Jahresende solle die Finanzierung von einigen hundert Millionen Euro für das Projekt gesichert sein, sagte Astrium-Chef François Auque. Einen Großteil würden private Investoren beisteuern, aber auch Länder wie Bayern könnten sich beteiligen, wo die Triebwerke produziert werden sollen. "Wir rechnen mit 20.000 Weltraumtouristen im Jahr 2020. Wir wollen ein Drittel davon bedienen. Wir glauben an den Markt", sagte Auque. Es gebe eine tiefe Sehnsucht, das All zu erobern. "Wir wollen die europäischen Ambitionen dabei wecken." 2008 folge der offizielle Startschuss für das Projekt.
In Paris stellte Astrium, eine Tochter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, bereits ein Modell der Kabine vor. Sie ist mit Sitzen ausgestattet, die sich selbst ausbalancieren, um den Beschleunigungs- und Verzögerungseffekt zu minimieren.
Der Konzern nimmt damit den Konkurrenzkampf zur US-Firma Spaceship auf, die an einem Nachfolger für das legendäre SpaceShipOne arbeitet. Dies war das erste rein privat finanzierte Raumfahrzeug, das 2004 schon zwei Mal den Weltraum erreicht hat. Es ist ein Experimentalflugzeug mit Raketenantrieb, dass allerdings nicht selbst starten kann. Die Amerikaner wollen in naher Zukunft suborbitale Flüge für weniger als 100.000 Euro anbieten. Auch der Brite Richard Branson arbeitet mit seiner Firma Virgin Galactic an einem kommerziellen Weltraumtourismusprojekt.
Noch ist die russische Raumfahrtbehörde Monopolist in Sachen Weltraumtourismus. Sie bietet Flüge in ihrer Sojus-Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS an. Bereits fünf zahlungskräftige Gäste haben das Angebot wahrgenommen. Zuletzt war der amerikanische Softwareentwickler Charles Simonyi im April in den Genuss gekommen. Er zahlte für seine Reise umgerechnet 19 Millionen Euro.
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