: Rau nicht abwählbar
In NRW gab die Popularität des Landesvaters den Ausschlag ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Der Wahlsieg der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten bei der gestrigen Landtagswahl unterstreicht aufs neue, daß die WählerInnen in Nordrhein-Westfalen bei Landtagswahlen gänzlich anders entscheiden als bei allen anderen Urnengängen. Rau hat wieder die absolute Mehrheit mit 50,3 Prozent geschafft, auch wenn das Ergebnis rund 2 Prozent niedriger liegt als vor vier Jahren. Bei der letzten Kommunalwahl erzielte die SPD vergleichsweise magere 42,9 Prozent. Auch bei Europa- und Bundestagswahlen erreichte sie nie die 44-Prozent-Marke. Selbst bei der letzten Bundestagswahl mit Rau als Spitzenkandidat blieb sie bei 43,2 Prozent hängen.
Dieses Ergebnis unterstreicht, daß die Popularität von Rau, gepaart mit der SPD-Aufforderung an die Wähler, für klare Verhältnisse zu sorgen, den Ausschlag gegeben hat. Die CDU, die mit ihrem Spitzenkandidaten Norbert Blüm einen aggressiven Wahlkampf geführt hat, konnte ihr schlechtes Ergebnis von 1985 nicht verbessern. Was sich schon im Wahlkampf abzeichnete, wurde nach der ersten Trendmeldung zur Gewißheit: Die ideologisierte CDU-Kampagne, die darauf abzielte, unter dem Motto „Der Sozialismus geht, wir kommen“ von der DDR-Entwicklung zu profitieren, ist gescheitert, sie überzeugte lediglich die eigenen Hardcore-Christdemokraten, die durch den ideologisch überhöhten Wahlkampf intensiv angesprochen und zum Teil sogar euphorisiert wurden. Der sichtlich getroffene Blüm gab sich in der ARD standhaft. Er werde seine Überzeugung nicht von Wahlergebnissen abhängig machen und weiter „für eine nichtsozialistische Politik kämpfen“.
Auch die Grünen werden im nordrhein-westfälischen Landtag mit etwa 5,2 Prozent vertreten sein. Hierin liegt das eigentlich Neue für die nordrhein-westfälische Politik. Erstmals wird in Düsseldorf eine Stimme im Landtag für eine ökologische Politik zur Verfügung stehen. Die eingefahrenen Bahnen der bisherigen Opposition, die Rau immer nur von rechts wegen zu wenig Straßenbau, zu wenig Polizei und zu wenig Kernenergie kritisiert hat, scheinen passe. Das dürfte besonders der SPD unangenehm werden, die sich, sollten es die Grünen schaffen, nun nicht mehr so leicht als die „ökologische Variante“ in der NRW-Politik darstellen kann. FDP-Chef Möllemann kommentierte das enttäuschende Ergebnis für seine Partei, die von 6 Prozent auf etwa 5,7 Prozent sackte, als wesentlich durch die Landespolitik bestimmtes Ergebnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen