: Rau kritisiert Nachfolger-Gerangel
Bundespräsident findet Kandidatenkarussell „unangemessen“. Union und FDP entscheiden sich Anfang nächster Woche. Überraschung nicht mehr ausgeschlossen
BERLIN ap ■ Mit deutlicher Kritik an dem sich immer schneller drehenden Kandidatenkarussell hat sich Bundespräsident Johannes Rau in die Diskussion um seine Nachfolge eingeschaltet. Im Westdeutschen Rundfunk sagte Rau gestern, ihm gefalle es nicht, dass jeder Tag vor der Wahl seines Nachfolgers mit neuen Spekulationen und Namen gefüllt werde. „Der Kreis derer, die nicht genannt worden sind, wird immer kleiner. Und das ist nicht angemessen“, sagte Rau. Bei allen Wahlen von Bundespräsidenten hätten auch parteipolitische Gesichtspunkte eine Rolle gespielt, betonte er. Das kritisiere er auch nicht. Wenn aber die Taktik so überwiege, dass gar nicht mehr erkennbar werde, welches Profil man suche und welcher Mensch der geeignete wäre, dann habe man die Schraube überdreht.
Zwei Tage vor der Hamburg-Wahl häuften sich gestern die Spekulationen über mögliche Präsidentschaftskandidaten der Opposition. Nach einem anderthalbstündigen Treffen von CDU-Chefin Angela Merkel und dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle am Donnerstagabend in Hamburg schrieb die Bild-Zeitung gestern, Union und FDP wollten schon Anfang nächster Woche eine Entscheidung treffen. Je nach Ausgang der Hamburger Wahl wurde entweder Schäuble als gemeinsamer Kandidat oder der Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, für die Union und Exaußenminister Klaus Kinkel für die FDP genannt.
Der Welt zufolge versuchen derweil ranghohe CDU-Politiker, den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zur Kandidatur zu überreden. Der CSU-Chef hat mehrfach betont, er stehe für das Amt nicht zur Verfügung, und sich für Fraktionsvize Wolfgang Schäuble ausgesprochen.