: Rage über Front-Rettung
■ Rumäniens Opposition wertet Zweiteilung der Nationalen Rettungsfront vor Wahlen als „illegal“ und „unverschämt“ / Front-Mitglied legt Amt nieder
Bukarest (ap) - Mit Empörung hat am Mittwoch die Opposition Rumäniens auf die Ankündigung der herrschenden Nationalen Rettungsfront reagiert, sich organisatorisch in der Form zu teilen, daß eine Teilorganisation weiter die Staatsgeschäfte führt, während die andere sich an der Parlamentswahl vom 20.Mai beteiligt. Sprecher der Nationalliberalen und der Nationalen Bauernpartei warfen der Front vor, unter einem Deckmantel die weitere Machterhaltung anzustreben.
Der Beschluß der Zweiteilung war am Dienstag abend von deren Sprecher Silviu Brucan bekanntgegeben worden. Damit gekoppelt war das Zugeständnis an die Opposition, zusammen mit der Front einen Provisorischen Nationalrat bis zum 20.Mai zu bilden. Brucan sagte in einem Interview in der Zeitung 'Romania Libera‘, die Front werde sich am Wahlgang beteiligen. Danach wolle sie die Macht an die parlamentarische Mehrheit abgeben. Brucan, der zum Nationalrat der Rettungsfront gehört, hatte am Dienstag zur Begründung erklärt: „Wir sind der Ansicht, daß es illegal ist, die politische Macht auszuüben und zugleich an den Wahlen teilzunehmen.“
Die drei großen Oppositionsparteien - neben Nationalliberalen und Bauernpartei die Sozialdemokraten hatten gefordert, daß die Front zugunsten einer Übergangsregierung zurücktrete, in der alle politischen Gruppierungen vertreten sind. Der Sprecher der Nationalliberalen, Nicolae Enescu, nannte in einem Gespräch mit ap den Entschluß der Nationalen Rettungsfront „illegal“. „Wir hatten verlangt, daß die Front sich in eine politische Partei umwandelt. Wenn sie an Wahlen teilnimmt und gleichzeitig die Interessen des Staates vertritt, dann sieht dies nach einer Neuauflage der Diktatur aus.“ Ebenso scharf reagierte Bauernpartei-Sprecher Valentin Gabrielescu, fügte jedoch hinzu, es gebe für die Opposition keinen anderen Weg, als sich mit der Front auf Diskussionen einzulassen, da man das Land nicht destabilisieren und in den Bürgerkrieg stürzen wolle. Gespräche über die Zusammensetzung des Provisorischen Nationalrats sind für Donnerstag vorgesehen. Am Mittwoch legte ein Mitglied des Nationalrats der Front sein Amt nieder. 'Romania Libera‘ zitierte die Schriftstellerin Ana Blandiana mit den Worten, eine weitere Mitgliedschaft sei „untragbar“, da sie stets gegen Aggressivität, Haß und Intoleranz gewesen sei, die vom jetzigen Machtkampf entfesselt worden seien.
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