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Rätsel und Brustwarzen

■ Bonn bleibt verdummend, eitel und frauenfeindlich

Die Abgeordneten, so bestimmt es das Grundgesetz, sind die Vertreter des Volkes. Das Volk, so meinen wir, ist manchmal ziemlich bescheuert. Derart bescheuert, wie Abgeordnete das von ihnen vertretene Volk finden, kann es allerdings kaum sein. Johannes Gerster, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Beispiel, ließ neulich in seinem pfälzischen Wahlkreis ein „Preisrätsel“ verteilen. Rätsellustige sollen Fragen beantworten wie: „Wann wurde Johannes Gerster zum ersten Mal in den Bundestag gewählt?“, „Welcher Partei gehört der Abgeordnete an?“ und „Wie alt ist Johannes Gerster?“ Allerdings: Unter der Überschrift „Zur Person“ stehen daneben schon die Antworten: „Seit 1972 Mitglied des Deutschen Bundestages„; „Sprecher der CDU/CSU -Fraktion„; „Geboren am 2.1.1941“ und so weiter. Wer sich trotzdem nicht entblödet mitzuspielen, den bestraft der Volksvertreter Gerster auch noch: mit zwei Tagen Bonn für zwei Personen (1.-3. Preis). Oder mit einem Bildband vom politischen Bonn, „handsigniert“ von Bundeskanzler Helmut Kohl (4.-10. Preis). ***

Die Frauenfeindlichkeit Bonner Politiker hat schon ein paarmal diesen Kasten gefüllt. Durchaus ebenbürtig sind den Herren manche Geschlechtsgenossen aus der Zunft der Journalisten. Zwei Kotzproben:

„Schätzchen“ und „Mäuschen“ und immer mal wieder auch „Muschi“ pflegt der Leiter einer Rundfunkredaktion in Bonn seine Mitarbeiterinnen zu nennen. Allerdings beläßt es der alternde Chauvi nicht bei verbalen Schweinereien: Von Zeit zu Zeit nähert er sich Kolleginnen von hinten - und beißt sie in den Hals. Daß eine Angestellte deswegen kündigte, eine andere größten Krach mit ihrem eifersüchtigen Gatten bekam, kümmerte den Büroleiter nicht. Er hält sich mit dem Beißen erst zurück, seit Bonner Kollegen ihn mit „na, du Beißer“ verspotten.

Um den Praktikumsposten in der Bonner Redaktion einer Nachrichtenagentur hatte sich jüngst eine angehende Journalistin beworben. Der Leiter des Büros fertigte sie in ein paar Minuten so ab: „Kommen sie ruhig zu uns. Bei uns lernen sie was. Aus dieser Redaktion sind schon ganz andere Frauen auf den Brustwarzen wieder rausgekrochen.“ ***

Macht läßt eben auch kluge Frauen manchmal ziemlich blöd sein. Brunhilde Peter, Frauenministerin im Saarland, erzählte während einer deutsch-deutschen Frauenkonferenz in Bonn von einem Besuch der parteiübergreifenden Promi -Vereinigung „Frauenbündnis 90“ beim Bundespräsidenten. „Es war schon beeindruckend“, schwärmte Frau Peter vom Aufmarsch der Ministerinnen, Abgeordneten und anderen Stars, „wie wir da mit unseren Staatskarossen vorgefahren sind. Da waren wir wirklich unübersehbar.“

Ferdos Forudastan

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