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Radikalkur für die Stadtbibliothek

■ Kultursenatorin Trüpel will fünf statt 31 Standorte / Bibliotheks-Chefin: „unrealistisch“

Kultursenatorin Helga Trüpel ahnte gestern bereits, zu welchen Reaktionen ihr Entwurf einer Neustrukturierung der Bremer Stadtbibliothek führen wird: „Das gibt jetzt sicherlich ein Riesengebrüll.“ Schließlich plant das Trüpel-Ressort einen radikalen Kurswechsel. Von den 31 über die ganze Stadt verteilten Bibliotheken sollen 29 geschlossen werden.

Übrig bleiben dann lediglich die Bibliothek Neustadt, die zur Zeit als erste auf modernen EDV-Betrieb umgerüstet wird, und die Bibliothek Vegesack als einziger Standort in Bremen-Nord. Im Westen und Osten Bremens sollen an zwei neuen Standorten weitere Bezirksbibliotheken entstehen, und die hoffnungslos verbaute und viel zu kleine Zentrale im Schüsselkorb soll an einen rund siebenmal so großen neuen Ort in der Innenstadt umziehen. Ergänzt wird dieses Angebot an fünf Standorten durch zwei Bibliotheksbusse und eventuell durch die bestehenden neun Schulbibliotheken, deren Personal allerdings der Bildungssenator mit abgeordneten LehrerInnen stellen soll.

Möglich wäre dies, so Trüpels Berechnung, mit 152 Stellen – genau dem, was der Stadtbibliothek nach den neusten Sparbeschlüssen 1995 noch an Personal zur Verfügung stehen wird. Eine Kalkulation der für die Bibliotheksumzüge erforderlichen Investitionskosten kann Trüpel allerdings noch nicht vorlegen. Lediglich die Überprüfung von sieben möglichen Standorten für die neue Zentralbibliothek (Postamt 1 oder 5, Polizeipräsidium am Wall, Siemens-Hochhaus, Katharina-Parkhaus, Telekom-Gebäude Langenstraße und ein Gebäude im Stephanitor) hat geschätzte Umbaukosten von acht bis 20 Millionen Mark ergeben.

Helga Trüpel präsentierte ihr Konzept gestern allein. Ein Umstand, den sich die nicht eingeladene Direktorin der Stadtbibliothek, Barbara Lison-Ziessow, so erklärt: „Das ist Ausdruck dessen, was ich von dem Papier halte.“ Zwar sei sie in dessen Erarbeitung einbezogen worden, Trüpels Ziel halte sie jedoch für „unrealistisch“, da es mit viel zu hohen Investitionen verbunden sei. Lison-Ziessow präferiert stattdessen den Erhalt von insgesamt 15 der 31 Bibliotheks-Standorte. Bei einem Personalbestand von 207 Stellen könnten die dann alle mindestens 30 Stunden in der Woche geöffnet werden.

Mit dem aktuellen Bibliotheks-Personal von 165 Stellen seien dagegen „höchstens zehn Standorte“ zu halten. Eine entsprechende Liste der zu schließenden Bibliotheken habe sie bereits in der Schublade, sagte Lison-Ziessow gestern, der zuständigen Senatorin Helga Trüpel habe sie die jedoch noch nicht gezeigt.

Einig sind sich Lison-Ziessow und Trüpel zumindest darin, daß an Standortschließungen kein Weg mehr vorbei geht. Bibliotheken, die aus Personalnot nur noch an wenigen Stunden in der Woche geöffnet sind, würden ihren Zweck nicht mehr erfüllen.

Diese Auffassung teilt grundsätzlich auch der Bibliotheks-Personalrat, weiß aber gleichzeitig, daß Standortschließungen in aller Regel nur gegen den Willen der dort beschäftigten MitarbeiterInnen durchzusetzen sein werden. Eine Personalrätin gestern: „Das sind Tränen, die auf uns zukommen.“ Ase

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