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Quite sophisticated Disko

„Click“-Release: „Antonelli Electr.“ im Westwerk  ■ Von Kerstin Schäfer

Das Verhältnis von Techno und Pop ist ja in Deutschland ein ganz besonderes. Mal überwiegt das Eine, oder mal das Andere. Im Falle des Düsseldorfers Antonelli Electr. aka Stefan Schwander ist das aber nicht so sehr das Problem. Bei ihm geht die Wandlung sozusagen fließend, wir wissen, Pop muss Techno nicht ausschliessen.

Antonelli Electr. ist ein Meister, was das Aufbauen und Kombinieren minimaler elektronischer Klänge angeht. Man könnte auch sagen, er betreibe dies mit einer versteckt wissenschaftlichen Haltung, würde da nicht noch mehr dahinter ste-cken. Sein in den nächsten Tagen auf dem Kölner Label Italic erscheinendes zweites Studioalbum Click, das er am Samstag Abend im Westwerk präsentiert, zeigt ganz klar seine derzeitigen musikalischen Präferenzen: Vom Ausleben des Popprinzips im Techno hat er sich verabschiedet. Eine fast mathematische Perfektion lässt nur mehr eine Spur von trockener Digitalästhetik im Ohr zurück. Und wenn Antonelli Techno meint, dann heißt das: immer ganz stringent mit Eleganz.

Im Vergleich zu seinem ersten, dem Pop-Album Peng Peng Baby, das 1998 erschienen ist, hat sich eine Menge verändert. Damals lo-ckerte er die scheinbar erstarrte Struktur von minimalen Klängen und gab dadurch der Disko in uns ein ganz neues Zuhause. Das catchy Element von Pop nahm das Ruder auf dem Reduktionsboot in die Hand. Aber dennoch gibt es einen Zusammenhang zwischen der technoid-mathematischer Eleganz bei Click und der harmonischen Popvariation bei Peng Peng Baby. Denn in die Disko will auch Click.

Was das jüngste Album neben dem Ausblenden der 80er-Referenzen ausmacht, ist schon dem Cover zu entnehmen. „Click is made by Machines.“ Und das ist mehr als der überflüssige Verweis darauf, dass es sich um elektronische Musik handelt. Die Rolle des Autors lag Antonelli noch nie. Der Fingerzeig auf die Maschine gilt dem Versuch, sich als Person in den Hintergrund zu stellen, um der Musik den Stellenwert zukommen zu lassen, den sie verdient.

Antonelli bereist auch als „The Discomachine“ mit einer selbst gebauten ebensolchen die Lande. Ihr widmete er sein zweites Album Me, The Disco Machine. Die Livesets geben ihm als Produzenten die Möglichkeit, direkt mit dem Publikum in Kontakt zu treten und dem Alltag zwischen Binärkodierung und Harmonielehre zu entwischen und nur eins zu tun, Spaß zu haben. Click geht im Vergleich zum Vorgängeralbum noch einen Schritt weiter. Auf den Einsatz von Vocodern, bisher das poppige, mitsingbare Element bei Antonellis Sound, wird nahezu verzichtet, sie weichen dem vollelektronischen Räderwerk.

Spaß hat Antonelli aber auch beim Plattenmachen. Denn sie enstehen im inspirierenden Umfeld von Ata Tak und in Zusammenarbeit mit dem Pyrolator Kurt Dahlke. Seit Mitte der 80er veröffentlicht Antonelli auch selbst auf Ata Tak. Aber erst mit der Gründung des Kölner Labels Italic, das Anfang 1998 aus dem Düsseldorfer Stewardess-Label hervorging, gab es den Startschuss für den unverwechselbaren Antonelli-Sound. Und den wollen wir nicht missen.

 Sonnabend, 23 Uhr, Westwerk; + Fuse-DJs Harre und Henry

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