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■ KommentarQuerulanten, organisiert

Die wenigen HamburgerInnen, die sich noch fragen, was die STATT Partei politisch eigentlich will, dürfen sich getrost weiter den Kopf zerbrechen. Auch deren jüngster Parteitag trug bestenfalls als sorgsam inszenierte Realsatire zum Unterhaltungswert politischen Treibens bei. Trotz des Parteitag-Mottos „Querdenker statt Musterknaben“ waren von den 406 Mitgliedern komischerweise wieder einmal nur die 108 Querulanten und Eigenbrötler gekommen.

Wenn von Rotraut Meyer-Verheyen bis Georg Berg unermüdlich betont wird, daß Auseinandersetzungen nun einmal zum demokratischen Prozeß einer Partei gehören, wird etwas Wesentliches übersehen: Bei der SPD und anderen Parteien geht es hin und wieder auch mal um Inhalte und nicht nur um personengebundene Machtkämpfe. Nach einem Programm sucht man aber bei der STATT Partei auch nach zwei Jahren noch vergeblich.

Vielleicht liegt der Fehler aber auch bei uns, den STATT Partei-KritikerInnen. Rücksichtslos stülpen wir ihnen unsere Erwartungen an Parteiprofil, Ziele und konkreter politischer Willensbekundung über. „Die Unabhängigen“ könnte ja auch bedeuten, daß man sich von derlei Konventionen befreit im politischen Raum bewegen möchte. Vielleicht sollten wir ein Einsehen haben und akzeptieren, daß auch Querulanten und Exzentriker einen Ort brauchen, wo sie sich ungehemmt austauschen können. Nur müßten sie deshalb nicht gleich mitregieren.

In Zukunft sollte mehr auf das „STATT“ und seine Bedeutung geachtet werden, nämlich organisiertes Querulantentum STATT nachvollziehbarer Parteiarbeit. Dann gibt es zumindest keine Mißverständnisse mehr.

Silke Mertins

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