■ Querspalte: Saufen mit Nobbi
Endlich mal eine wissenschaftliche Untersuchung, mit der man etwas anfangen kann: Britische WissenschaftlerInnen vom Policy Studies Institute haben herausgefunden, daß Säufer größere Chancen haben, Arbeit zu finden, als Abstinenzler. Haben die trinkenden Klassen darüber hinaus eine negative Einstellung zur Arbeit, steigen ihre Jobchancen geradezu ins Unermeßliche, heißt es in dem Bericht „Long Term Unemployment“.
Die Koautorin Joan Payne war von dem Untersuchungsergebnis selbst überrascht. Das sei komisch, meinte sie, aber womöglich liege es daran, daß Freunde des Alkohols extrovertierter und selbstbewußter seien und in der Kneipe nützliche Kontakte zu ihren Mittrinkern knüpften. Moderate Alkoholkonsumenten, die obendrein gerne arbeiten, seien dagegen sozial isoliert, wenn sie plötzlich arbeitslos werden.
Der Bericht soll bereits ans Bundesarbeitsamt unterwegs sein. Angesichts von vier Millionen Arbeitslosen kann man gar nicht schnell genug handeln. Als erste Maßnahme sind sämtliche Arbeitsämter in Kneipen umzuwandeln. Bis der Umbau fertig ist, sollten die Beamten ihre im Aktenschrank versteckten Flaschen auf den Schreibtisch stellen und mit den Stellensuchenden einen heben. Dazu tönt aus dem Ghettoblaster die bekannte Volksweise „Wer arbeitet, ist doof“. Sozialarbeiter müssen mit Langzeitarbeitslosen Zechtouren machen, Norbert Blüm sollte mit leuchtendem Beispiel vorangehen. Er könnte sich zum Beispiel täglich im Frühstücksfernsehen beballern: „Trinken mit Nobbi“. Für die Spätauftritte am Wochenende könnte er sich ja zur Not von Harald Juhnke doubeln lassen.
Der irische Schriftsteller Oliver St. John Gogarty, ein Freund von James Joyce, schrieb einmal: „Trinkt eure Leber ins Martyrium! Trinkt, bis ihr die Entlein auf eurem Bierseidel schwimmen seht!“ Aber vor allem trinkt schnell, so muß man nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen wohl hinzufügen, weil euch unweigerlich ein Stellenangebot droht! Ralf Sotscheck
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