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■ QuerspalteApocalypse, whow!

Träum' ich oder was? War es gestern oder beim Frühstück? Der Tag graute, der Kaffee schmeckte furchtbar, die Zeitung brillierte mit ihren Grammatikfehlern, aber dann fällt dir vor Schreck fast die Schinkensemmel aus dem Mund. Wenn das so weitergeht mit den Gesetzen und Verordnungen, erklärte Jürgen Pinne, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes, dann „steht uns in der Zukunft nach dem steuerlichen Chaos eine steuerliche Apokalypse ins Haus“. Apocalypse, whow! Sollte sich ausgerechnet beim überflüssigsten Beruf der Welt die Erkenntnis durchgesetzt haben, daß es mit dieser Welt nicht zum besten steht?

Der deutsche Steuerberater lebt schließlich davon, daß er die ganzen Sonderregelungen als esoterisches Wissen verwaltet und für seine Klienten ein wenig Kapital daraus schlägt. Ohne degressive Abschreibung für die Investitionen in Wärmerückgewinnungsanlagen im Reetdach-Wochenendhäuschen, ohne anrechenbare Aussteueraufwendungen für die bresthafte Tochter oder, ein echtes Gusto-Stückerl, ohne das Bauherrenmodell mit denkmalgeschützter Sonder-AfA als Entwicklungshilfe für die notleidenden Brüder & Schwestern in der Ostzone, refinanziert über die Verlustzuweisungen aus der krauchenden Eppendorfer Boutique der Gattin, müßte der deutsche Steuerberater am Ende noch einen ehrlichen Beruf ergreifen. Was geht da vor?

Offenbar möchte der Chef persönlich seinem Verein die Existenzgrundlage entziehen. Hat Jürgen Pinne versehentlich statt der „1000 ganz legalen Steuertricks“ das „Kommunistische Manifest“ gelesen? Steuerberater aller Länder, erhebt euch, ihr habt sowieso nix zu verlieren als eure Zweitrover und Drittfrauen? Wir haben dem Abrißunternehmer Jürgen Pinne zu danken. Er macht uns Hoffnung auf noch größere Dinge, die bevorstehende Selbstauflösung des Rings Deutscher Makler zum Beispiel, den überfälligen Harmageddon für die FDP, das Jüngste Gericht über Bayer, Hoechst, Sandoz und die anderen Gangster dieser Welt. Apokalypse, und zwar ein bißchen dalli! Willi Winkler

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