piwik no script img

■ QuerspalteToll, daß ihr gekommen seid!

Die kürzeste Art, das Feuer zu eröffnen, sei, wenn der Kommandeur selbst schießt, vertraute Oberst Glawatz der Bild am Sonntag an. Oberst Glawatz schoß als erster. Aus seiner Pistole. Seine Jungs legten nach. Mit ihren Gewehren. Ein halbes Dutzend deutscher Panzergrenadiere gab insgesamt 250 Schüsse auf bewaffnete Albaner ab. Fast hätten sie einen getroffen. Doch nur eine einzige Kugel traf. Den eigenen Hubschrauber.

„Jetzt weiß ich, warum wir die Bundeswehr haben“, jubelte Manuela aus Goslar, die mit ihrem albanischen Ehemann am Sonnabend auf dem Köln-Bonner Militärflughafen landete. Die ganze Nation schwelgt in Landser-Euphorie. „Super, daß sie uns da rausgeholt haben!“ lobt eine Passagierin. „Toll, daß ihr gekommen seid!“ rief Jörg, Hufschmied aus dem Hannoverschen, den deutschen Fliegern zu: „Das Heer hat da eine Superarbeit geleistet.“ Auch die Soldaten sind begeistert. „Dieser Einsatz hat mir klar gezeigt, wie super wir ausgebildet werden“, läßt Obergefreiter René verlauten. „Das würde ich jederzeit wieder tun“, beteuert Hubschrauberpilot Ingolf.

Der Oberst hat mehr freigeschossen als den Fluchtweg von 100 Ausreisewilligen. Die Springer-Presse steht kopf: „Die Deutschen Helden“ (Bild), „Bundeswehr schießt Deutsche frei“ (B.Z.) und „Rettung aus der Hölle von Tirana“ (Die Welt). Seit Freitag, 16 Uhr, wird zurückgeschossen. Dafür wird eine Aktion zum Stahlgewitter stilisiert, deren Dramatik von jedem Banküberfall übertroffen wird.

Vorbei die Zeiten, wo der Bundeswehrsoldat als Kalter Krieger sein G3 untätig durch die Kaserne schleppte. Vorbei das schüchterne Treiben am Rande des Golfkriegs. Vorbei das stupide Brunnenbuddeln in Somalia, die Konfusion im zerfallenden Jugoslawien. Unvergessen die Demütigung, als die Bundeswehr 1990 gegen den Feind im eigenen Land eingesetzt wurde: den Borkenkäfer. Zugegeben, der nagte am deutschen Wald und damit an der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Aber die Herzen der Deutschen erobert man damit nicht. Leif Allendorf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen