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■ QuerspalteRache mit Knofel

Der deutsche Zahnarzt ist sauer. Nein, es geht nicht um die schwere finanzielle Not, die dieser Berufsstand seit Jahren tapfer erduldet. Es geht um den Geruch. Die Patienten stinken. Nach Knoblauch. Immer penetranter. Die Schuldigen sind schnell ausgemacht: Feinschmecker-Magazine. Schon zum zweiten Mal haben sich jetzt Zahnärzte beschwert, daß in den Rezepturen ständig mit den Knollen geast wird. „Gibt es noch interessante Rezepte ohne Knoblauch?“ fragt ein wütender Dr. B. Grünwald aus Holzminden und fordert die Umkehr der Redaktion. Ein Kollege hat in einem anderen Blatt alle Kochanleitungen durchgesehen und die verbrauchte Knoblauchmasse addiert: 148 Knollen!

Endlich präsentieren die Zahnärzte ihre offene Wunde. Endlich hat sich jene Zunft geoutet, die uns seit dem Mittelalter quält. Sie martern uns distal, sie foltern uns lingual, ihre Spritzen nennen sie „Leitung“, und genüßlich reden sie von der „Wiederherstellung der Kauebene“. Haben wir Karies, spotten sie, daß in unseren Zahnlöchern Spatzen ihren Nachwuchs aufziehen. Ihre hinreißenden Assistentinnen blinzeln vielsagend, und auf ihrer Empfangstheke steht „Bitte lächeln“.

Das vergeht uns sofort. Hören wir Thomas Mann: „Buddenbrock hielt mit beiden Händen die Sammet-Armpolster fest erfaßt. Er empfand kaum das Ansetzen der Zange, bemerkte dann aber an dem Knirschen sowie dem immer wütender werdenden Druck, daß alles auf dem bestem Wege sei. Nun muß es seinen Gang gehen ... Bis ins Maßlose und Unerträgliche, bis zu einem wahnsinnigen, kreischenden, unmenschlichen Schmerz, der das ganze Gehirn zerreißt.“

Knoblauch! Eßt Knoblauch, ihr geschundenen Kreaturen! Wehrt euch, leistet Knollenwiderstand! Ein einfaches Rezept: Verschiedene Gemüse drei Minuten blanchieren und mit folgender Vinaigrette übergießen: 7 Eßlöffel feinstes Olivenöl, 1 Eßlöffel Weinessig, 6 durchgedrückte Knoblauchzehen. Bei bevorstehender Extraktion: 12 Zehen! Manfred Kriener

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