piwik no script img

■ QuerspalteBis daß der Tod euch scheidet

Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Spätestens aber nach fünfzehn Jahren. Solange ist es her, daß ein gewisser Joseph Ralston, seines Zeichens Offizier der US-Luftwaffe, beim Anblick einer CIA-Mitarbeiterin Schmetterlinge im Bauch verspürte. Oder kleine Kampfflugzeuge. Jedenfalls entwickelte sich zwischen verträumten Dinnergesprächen über lasergesteuerte Luftabwehrsysteme und Badezimmerneckereien über Materialschwächen der sowjetischen Artillerie eine Romanze, der nur ein klitzekleiner Schönheitsfehler anhaftete: Der Herr General war verheiratet – und zwar nicht mit der Dame von der CIA.

Ehebruch nennt man das, was nach zivilen Maßstäben ein bedauerlicher oder befreiender, jedenfalls aber ein häufiger Vorfall ist. Der steht nach den Militärgesetzen der US-Armee unter Strafe, die nach Ansicht notorischer Kritiker dieser Einrichtung vor allem gegen Soldatinnen verhängt oder angedroht wird. So jüngst im Falle der Bomberpilotin Kelly Flinn geschehen, die ihre Uniform an den Nagel hängen mußte, um nicht von einem Kriegsgericht wegen Ehebruchs für ein paar Jahre ins Militärgefängnis geschickt zu werden. Jetzt droht es den zum General aufgestiegenen Joseph Ralston zu erwischen. Knast oder der Verlust der Uniform stehen ihm nicht bevor – schließlich ist er a) ein Mann, b) ein General und hat c) im Vietnamkrieg helden- und ordenmäßig gewütet. Aber den Job des Vorsitzenden des Generalstabs wird es ihn wohl kosten, für den ihn der mächtigste Ehebrecher der Welt, der amerikanische Präsident, nominieren sollte.

Nun könnte man in alter antimilitaristischer Manier frohlocken: Jungs und Mädels, verirrt euch doch auf Nimmerwiedersehen in eurem hinterwäldlerischen Moraldschungel. Aber so einfach ist die Welt bekanntlich nicht mehr. Auch wir wünschen uns mittlerweile die „boys and girls“ ab und an im Einsatz. Und wenn die den Halbsatz „... bis daß der Tod euch scheidet“ nicht mehr ganz so ernst nehmen, ist das ja vielleicht schon ein Fortschritt für sich. Andrea Böhm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen