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■ QuerspalteKopflose Stürmer, blöde Fans

Herbst ist, der Überschwang des Sommers ist dahin, und die Dinge gehen wieder so ins Reelle. Wie schön war's doch in heißen Julitagen, als Hertha BSC, der Hauptstadtclub, eigentlich schon in der Champions League war. Die Weichen schienen gestellt für schöne Erfolge. Echtes Geld hatte die Ufa gegeben, mit Dieter Hoeneß stand ein Mann, der die Hotelhallen dieser Welt gut kennt, sozusagen der Dieter Bohlen des Fußballsports, als Manager an der Spitze, und daß Lothar Matthäus und Icke Häßler dann doch nicht kamen, konnte man verschmerzen.

Wenn es auch großartig, schlicht debil und schön gewesen wäre, Lothar Matthäus in Berlin verenden zu sehen; die schönsten Schlagzeilen sind einem so entgangen. Harald und Lothar, nach ultimativen Exzessen zu Tode gehetzt von Hauptstadtpaparazzi mit Stulle. „Icke“ und „Hertha“ hätten auch prima zusammengepaßt. Weil „Icke“ genauso grausig anachronistisch, so 68ermäßig sozusagen klingt wie „Hertha“.

Doch nun ist das Kind mit dem Wasser in den Brunnen gefallen und plärrt. Der großzügige Ufa-Onkel knüpft seine wohltätigen Gaben plötzlich an Bedingungen (ein genehmer Vorstand), und Hertha, der Verein mit dem dümmsten Namen und den dümmsten Fans, verliert. Verliert, verliert, verliert, verliert, verliert. Neueinkäufe versagen, Stürmer treffen nicht, die Abwehr: ein kopfloser Torso, das Mittelfeld nicht vorhanden. Auf der Auswechselbank spielen sie Skat. Blühende Landschaften hatten sie uns versprochen. Dafür sind wir 89 nicht auf die Straße gegangen.

„Arbeitsverweigerung in Rostock. Sooo ist die Bundesliga nichts für Berlin“, schreibt die hiesige B.Z. über das samstägliche 0:4. Doch warum eigentlich nicht; bringt doch eh mehr Spaß, die eigenen Lieblingsvereine hier gewinnen zu sehen. Wenn Hertha dazu noch gut spielt, um so besser. Die schwarze Serie der „Hertha“ – jedenfalls auch ein Signal an die Welt gegen die Machbarkeitsphantastereien des Kapitals. Sicher auch „ein Verein als Spiegelbild unserer Stadt“. Icke Kuhlbrodt

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