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■ Stalin von der Isar

„Bayern München ist wie NSDAP“, erklärte mir Borussia-Dortmund-Fan Wiglaf Droste vor einigen Jahren und lag selbstverständlich vollkommen daneben. Denn offensichtlich kennt er Ulrich Hoeneß nicht. Der Bayern-Generalissimus mit dem Kampfnamen „Uli“ ist neben der PDS-Plattformerin Sahra Wagenknecht der letzte Stalinist auf deutschem Boden. Besorgt um den forcierten Aufbau von Schwervermarktung und Bildungswesen, gab er zum Bundesliga-Auftakt 99 dem Zentralorgan BamS ein zukunftsweisendes Interview, in dem er sich wie gewohnt des Appells an nationalistisch-patriotische Sentiments in den kritiklosen Arbeitermassen bediente: „Wir leben hier in Deutschland im mit Abstand reichsten Land der Erde.“

Vom bayerischen Zentralkomitee aus gesehen ist die Gesellschaft also in Ordnung. „Unseren Jugendlichen geht es auch ohne Fußball gut.“ Allen geht es gut, dann kann ja der Fußball abgeschafft werden. „Sozialer Aufstieg fällt als zentrale Motivation weg.“ Will der Isar-Stalin etwa mehr Armut schaffen, um bessere Spieler zu bekommen? „Daraus muss man Konsequenzen ziehen.“ Sollen die Millionen Kinder, denen es im reichsten Land der Erde so gut geht, weil sie von Sozialhilfe leben, ins Fußballlager nach Sibirien transferiert werden? „Da kann man auf bewährte Konzepte der früheren DDR zurückgreifen.“

Kaderschmiede im Osten? Roboterfußball à la Honecker? Rote Doppelpässe? War doch nicht alles schlecht im Sozialismus? „Der Elitegedanke muss in den Vordergrund“, befiehlt Hoeneß und lobt die Windhund-Schnelligkeit der ehemals „phlegmatischen“ Brasilianer: „Für mich ist das ein Beispiel, wie man konsequent die Schwächen einer Nation ausmerzt“, kriegt der Münchner Ausmerzer noch eben die nationalsoziale Kurve in die endgültige Vision vom totalen Fußball. Michael Ringel

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