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Querspalte

■ Bodos Bude

 Zwei Fotos im aktuellen Spiegel haben mich erfreut. Für das eine posierte der junge Helmut Kohl. Glänzende Schuhe, die Tolle fesch nach hinten gestriegelt; das Lächeln eine Spur zu gewalttätig. Ein Farbbild, sehr scharf; der Anzug leger, die Fassade dahinter aus Stahl und Glas. Seltsam. Waren so die Fünfzigerjahre?

 Der Bildtext zitiert allerdings „Sozialdemokrat Bury: 'Gerecht ist, was Arbeit schafft.‘ “ Wahrscheinlich handelt es sich um einen Irrtum der Redaktion, womöglich aber tatsächlich um Hans Martin Bury, den mit solchen Sprüchen rabiat aufstrebenden Kanzleramtsminister. Mit dieser Aufnahme könnte er bei Lookalike-Contests reüssieren. Selbst wenn die Ähnlichkeit die Hundertstelsekunde überdauerte, seit Schröder wüsste ich nicht genau, ob man davor wirklich Angst haben sollte.

 Wer einmal in so ein Gesicht schaut, der kann später nicht rufen, er habe von nichts gewusst. Und wer zwei Seiten zurück blättert, findet ein Lichtbild von Burys Vorgänger: Bodo Hombach sitzt hinter dem Schild „Stability Pact Special Coordinator“ und sagt etwas. Auch diese Augen können nicht lügen, weil sie nichts versprechen. Kaum hatte Hombach seine Arbeit als Südosteuropa-Verweser aufgenommen, hieß es, in Bosnien sei irgendwie eine knappe Milliarde Dollar Hilfsgelder abhanden gekommen. Das ging aber fix, dachte ich emotionslos.

 Es war ja nur der Balkan. Doch damit hatte ich Hombachs Talente etwas überschätzt, so dass es einstweilen bei der eher hausbackenen Anklagekette VEBA-Bauleiter-Mutti Renate-PR-Mann Harry bleibt. Albern. Wer ihn bezahlt, ist doch seine Privatsache. Nicht aber, was er sich für 1,67 Millionen in die Landschaft klotzen lässt. Hombachs Monsterhaus beleidigt den Planeten. Wenn ein angehender Psychoanalytiker noch ein Thema für seine Doktorarbeit sucht: Es steht in Mülheim an der Ruhr. André Mielke

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