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■ Gepflegte DDR

Spazieren gehen ist gut; Fernsehen ist besser. Etwa Gunther Emmerlichs „Zauberhafte Heimat“. Neulich führte die „musikalische Tagestour“ nach Dresden, in die Heimat des gemütlichen DDR-Entertainers, der vor dem Umschwung schon berühmt war und etwas von Hans Meiser hat, nur eben: menschlicher. Emmerlich musizierte und unterhielt sich zwischendurch mit Repräsentanten der Elbestadt, zum Beispiel mit einem etwas verschüchterten Mann mit gelbem Bauhelm, der gerade als Bauleiter den Dresdner Dom wiederaufbaut. Der hatte seine Antworten auswendig gelernt und sang mit seinen Bauarbeitern ein schönes Lied, das davon handelte, dass sie Maurer sind: „Stein ist unser Brot“. So richtig gepflegte DDR!

Die Humanität des Sozialismus bestand unter anderem darin, dass jeder Berufszweig mit einem eigenen Lied gewürdigt wurde. Zum Beispiel „Fritz der Traktorist“. In einer neuen Gesellschaft, die auf die ständige Flexibilität neumodischer Erwerbsbiografien setzt, die so das kafkasche „Weg von hier“ fetischisiert, mithin eine Identifikation mit der ausgeübten Lohntätigkeit verhindert – der Kellner möchte eigentlich Künstler sein, und wenn er dann Künstler wäre, würde er von den Abenteuern lebenserfahrener Kriminalbeamten träumen, die früher mal bei der Müllabfuhr arbeiteten – wünscht man sich manchmal, dass jede Bevölkerungsgruppe wieder mit einem eigenen Lied geerdet werden würde. Das wäre auch sehr unterhaltend: das Ballett der Arbeitslosen, der Song der FDP („Wir von der FDP/ wir sind liberal/ Wahlschlappen tun weh/ wir haben auch 'nen Knall“) oder auch das Lied der fidelen freien Journalisten, vorgetragen mit einem zwinkernden Palmtop im Knopfloch: „Wir sind die freien Autoren/ und sind im Kopf auch nicht dicht./ Was wir schreiben, ist unausgegoren/ es gefällt oder auch nicht.“ Detlef Kuhlbrodt

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