: Querspalte
■ Momper ist gut, Mutlu besser
Es ist Herbst in Berlin, und die Marihuanapflanzen haben gelbe Blätter bekommen. Wer nun nicht erntet, erntet nimmermehr. In zwei Wochen sind dann auch Wahlen. Politisches Großereignis! Tolle Sache! Ein Fest für Wahlbürger und Wahlbürgerinnen gleichermaßen, dem eine gewisse Dramatik nicht abgesprochen werden kann, denn niemand glaubt doch im Ernst, daß sich das Wahlvolk tatsächlich so entscheidet, wie man glaubt, daß es es tun wird, zumal die Berliner SPD ihre Strategie verändert und „den Chef“, „die Glatze“, von den Plakaten genommen hat. „PfkWM“ greift nun ein ins Wahlkampfgeschehen, das „Phantom, formerly known as Walter Momper“. Ein schöner Trick des pfiffigen Ex-Bürgermeisters: selbst der (demoskopische) „Untergang“ wird ihm nur „ein Vorwand“ gewesen sein, „zu sein: seine letzte Geburt“. (Rilke)
PfkWM ist prima. Mutlu ist besser. Der junge grüne Kandidat lächelt sehr gewinnend auf den Plakaten, die in den engen Straßen Kreuzbergs so herumhängen. Auf den Plakaten steht: „Ich bin's – Mutlu!“, damit man nicht auf die Idee kommt, es handle sich um jemand anders.
„Hallo Mutlu“ möchte man jedenfalls antworten, wenn einem „Ich bin's“-Mutlu jeden Tag begegnet. Die nette Türkin an der Kasse bei Edeka sagt, Mutlu werde sowohl als Vor- als auch als Nachname verwendet, wobei die Verwendung als Vorname eher altmodisch ist. Jedenfalls bedeutet „Mutlu“ Glück und will als Neuling ins Parlament.
Weil ein Drittel der über 18jährigen Kreuzberger nicht wählen darf, weil es eine Band mit dem Namen Mutlu gibt, die im Raum Bremen aktiv ist, und einen Abwehrspieler gleichen Namens beim Spandauer SV, weil Mutlus Gegner von der Kreuzberger CDU „Kuno Böse“ heißt und finstre Dinge plant, wähle ich vermutlich Mutlu.
Ich bin's – Kuhlbrodt
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