piwik no script img

Quebec im Taumel

■ Nationalfeiertag in der kanadischen Provinz / Hunderttausende fordern in Montreal das „freie Quebec“

Ottawa (dpa) - In der der kanadischen Millionenstadt Montreal haben am Montag Hunderttausende von Menschen mit Paraden, Konzerten und Demonstrationen das „freie Quebec“ gefordert. Am Nationalfeiertag Quebecs, dem St. Jean Baptiste-Tag, gab es zum ersten Mal seit 21 Jahren wieder eine Parade durch die Stadt. Nationalisten hüllten die Straßen in ein Meer weißblauer Quebec-Fahnen, einzelne euphorisierte Gruppen rissen das kanadische Banner von Masten herunter.

Die Parade in Montreal, Kanadas zweitgrößter und Quebecs größter Stadt am St. Lorenz-Strom, markierte den ersten offiziellen Straßenmarsch an diesem Feiertag seit den gewalttätigen Unruhen zu Beginn der Separatimusbewegung vor 21 Jahren. Damals fielen noch Bomben und wurden Menschen getötet, heute reichen Worte, um dem neuen, „reiferen“ Separatismus zu frönen. Das endgültige Scheitern des drei Jahre verhandelten Meech-See-Abkommens am Wochenende, das der frankophonen Provinz innerhalb Kanadas mehr Rechte geben sollte, wurde in Quebec als Start für eine „neue Phase“ begrüßt.

Quebecs Premierminister Robert Bourassa, der nicht an dem Fest teilnahm, betonte jedoch am Montag, daß eine Entscheidung über die künftige Struktur der Beziehungen zwischen Quebec und der Bundesregierung Kanadas in Ruhe überlegt werden müsse. Kommentatoren in Anglo-Kanada äußerten sich am Montag erstaunt und beruhigt über die gemäßigte Reaktion Bourassas auf das durch die Nichtunterzeichnung von Neufundland und Manitoba gescheiterte Verfassungsabkommen. Sie spekulierten, Bourassa hoffe, daß die Nationalisten an ihrem Feiertag „genug Dampf abgelassen“ haben, um ihm Zeit für die Suche nach Alternativen zu geben. In Kanada sind jetzt erstmal Sommerferien, auch für die Politik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen