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Qualitätsfrage -betr.: "Hamburger Verhältnisse im Kölner Häuserkampf", taz vom 13.6.88

betr.: „Hamburger Verhältnisse im Kölner Häuserkampf“, taz vom 13.6.88

Euer Berichterstatter Oliver Tolmein schreibt in dem Bericht über die Sachlage in der Kölner Szene ganz richtig, daß Köln nicht gleich Hamburg ist. Er prangert ebenso deutlich die hiesige Schmutzkampagne der Presse an, die nun versucht eine Gewaltakzeptanz in der Bevölkerung für polizeiliches Vorgehen zu erreichen. Diese Polizei hat sich in den letzten Monaten wiederholt lächerlich gemacht, als sie vor den Augen der staunenden Ehrenfelder Bevölkerung mit schwer bewaffneter Hundertschaft Häuser von einer handvoll Besetzer räumte.

(...) Allzu einseitig verläßt Oliver T. sich auf „Informationen“ von Insidern zur Kölner Szene und auch grüner Politik. Die Grünen Kölns mit der CDU ist ebenso albern wie böswillig. Ebenso dämlich ist es, einen alternden Spätpunker aus der Stadtrevue zu zitieren, der behauptet haben soll, daß politische Aktivitäten in Köln nur aus Reihen der Besetzer kommt. (...)

Obwohl Oliver T. wiederholt in Kölner Szenekneipen gesichtet wurde, hat er es (aus Zeitmangel?) nicht geschafft, auch nur einmal Kontakt zu hiesigen Grünen oder zu anderen Besetzern aufzunehmen. Er beruft sich in seinem Artikel auf eine Gruppe von Besetzern, die den Kontakt nicht nur zu Grünen, was ich noch verstehen könnte, sondern zu anderen Gruppen von Besetzern verweigern. Sie bezeichnen Besetzer, die seit vielen Jahren auch als Bezirksvertreter oder sachkundige Bürger im Hoch- und Wohnungsbau arbeiten als „Verräter“. Den Anwalt, der sich Nächte um die Ohren schlug und sich bei Gericht die Hacken ablief, bezeichneten sie hinterher als „Bonzenknecht“.

Was hier Politik, was nur Aktionismus ist, darf und soll meiner Meinung nach auch gefragt werden. Diese hier zitierte Gruppe repräsentiert nicht allein das Bild der Hausbesetzer in Köln. Das heißt nicht, daß ich die Notwendigkeit eines „Häuserkampfes“ zu den Akten legen möchte, ganz im Gegenteil. Ich bin auch ein Gegner einer Politik, die versucht, Initiativen und gesellschaftliche Gruppen für die eigene Partei zu instrumentalisieren. Ich mag allerdings auch nicht jeden Weg um des Prinzips willen mitgehen. Auch im „Alternativbereich“ sollte ab und an die Qualitätsfrage gestellt werden, das gilt in übertragenem Sinne auch für Oliver.

Dieter Wolf, Köln 30

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