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QUERBILD

■ Big Night

Risotto ist eine Religion; die Zubereitung ein kulinarischer Gottesdienst, der vom Koch hingebungsvolles Gießen und Rühren erfordert. Doch amerikanische Zungen sind undankbar. Statt Primo, dem Maestro da Cucina, die Rührfinger zu küssen, verlangen die Gäste zum Risotto noch ein paar Nudeln. Ein Verbrechen! Aber man wird ja sonst nicht satt.

Es läuft wirklich nicht gut für Primo und Secundo, zwei italienische Brüder, die in ihrem Restaurant im öden New Jersey buchstäblich ihre Ersparnisse verbraten. Während das „Nightspot“, der ChiChi-Laden von gegenüber, die zahlungskräftige Kundschaft anzieht wie das Verdaute die Fliegen, zelebriert Primo seine Kunst von Gästen weitgehend ungestört. Seine Passion duldet keine Kompromisse. Den nahen Ruin abwenden soll ein opulentes Festmahl für den Superstar Luis Prima, vermittelt durch den „Nightspot“. Big Night, das Regiedebüt der beiden Schauspieler Stanley Tucci und Campbell Scott, ist ein furioses Bilder- und Anekdotenmenü über die Integrität wahren Künstlertums, eine zauberhafte Geschichte über Bruderliebe im Banausenexil. Nur wer ein Herz aus zähem Bratenfleisch hat, fühlt nicht mit, wenn die leidensträchtige Mischung aus Schwermut und Größenwahn graue Wolken auf die Gesichter von Primo und Secundo malt und beide in den entscheidenden Situationen des Lebens wortreich sprachlos bleiben. Und nur unheilbar Magersüchtige werden nach dem Genuß dieser Kinokostbarkeit nicht lefzend zum nächsten Italiener hetzen und einen Teller Risotto bestellen – mit ein wenig Pasta vielleicht. Denn flüchtig ist die Kunst, und das Leben sowieso.

Peter Nedetzki Abaton, Zeise

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