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Q U E R S P A L T E Rent–a–Abschreckung

■ Die Briten mieten jetzt Atomsprengköpfe von den USA

Wo Weltmachtträume zu teuer werden, haben sich britische Atomstrategen jetzt eine Lösung ausgedacht, die auch für die BRD richtungsweisend sein könnte. „Rent–a–deterrent“ (“Miete Dir Deine eigene Abschreckung“) könnte die neue Formel lauten, die bei den Anfang der 90er Jahre vom Stapel laufenden britischen Trident–U–Booten ausprobiert werden soll. Statt die amerikanischen D–5–Raketensysteme mit ihren atomaren Sprengköpfen von den USA zu kaufen, wird die britische Marine die Dinger lieber leihen, oder besser „leasen“ - so wie der bundesdeutsche Kleinbürger seinen Golf. Die britische Entscheidung, sich aus Kosten– und Effizienzgründen nicht mehr länger mit der lästigen Entwicklung und Pflege der so anfälligen Raketensysteme zu kümmern, ist dabei nur der erste Schritt zur marktwirtschaftlichen Transformation der letzten verbleibenden Staatsaufgabe. Mit der Etablierung des Leasing–Gedankens in der Rüstung öffnen sich vor allem für die in Großbritannien so rasch fortschreitende Privatisierung aller Lebensbereiche neue Räume. So könnte es im nächsten Jahrtausend auf der Insel die „Verteidigung nach Wunsch“ geben. Während sich Arbeitslose dann mit bloßen Händen und Niedrigverdienende mit Maschinenpistolen gegen Iwan zur Wehr setzen müßten, dürfte sich so mancher Besserverdienende seine eigene Mittelstands– - Entschuldigung! - Mittelstreckenrakete im Gärtchen seines Einfamilienhauses aufstellen. Strategische Waffen blieben dagegen nur der upper class mit hinreichendem Grundbesitz für die platzverschlingenden Abschußrampen vorenthalten. Rolf Paasch

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