: Putzattacke der BVG
■ Charlottenburger Malermeister bietet geheimes Putzmittel gegen Graffiti in U-Bahnen an
West-Berlin. Schlechte Zeiten für Berlins Graffiti-Maler: Durch den Wegfall der Mauer ohnehin schon arg getroffen, soll ihnen nun eine weitere Stätte ihres Schaffens verleidet werden. In einem Graffiti-Großangriff erwägt die BVG ein wirksameres Vorgehen gegen die lästigen „Schmierereien“, so Pressesprecher Göbel. Einsatzwaffe soll eine neue, geheimnisvolle Reinigungsmixtur des Charlottenburger Malermeisters Neumann werden. In der U-Bahnstation Möckernbrücke stellte die BVG gestern mittag das potente Putzmittel samt Erfinder der Presse vor. „Das Zeug ist ein absoluter Renner“, erläutert der Malermeister seine Erfindung. Zur Rezeptur gibt es jedoch nur Andeutungen: „Da hab‘ ich einfach acht ganz normale Haushaltsreiniger zusammengerührt. Aber auf die Mischung kommt es an.“ Die will sich Neumann patentieren lassen.
Der Reportertroß bewegte sich zu einem eigens bereitgestellten U-Bahn-Zug. „Da kann ich ja nur lachen“, meinte der erfinderische Putzmann mit Blick auf die zahlreichen Graffiti und machte sich ans Werk. Zwei Gesellen assistierten ihm. Schon bald liegt ein ätzender Gestank in der Luft, aber, tatsächlich, das weißlich schleimige Putzmittel löst die Malereien mühelos auf. „95 Prozent der Fahrgäste wollen einen sauberen Zug“, verkündet derweil BVG -Pressesprecher Göbel. Das wisse er aus Briefen. Über 90 Prozent der 1.238 BVG-Wagen seien „verschmiert“, für Göbel „reine Sachbeschädigung“. Seine Begründung für die Putzoffensive: „Wo soll das denn enden, wenn man alles duldet?“ Ob das Putzgemisch denn auch gesundheitlich unbedenklich sei, will eine Journalistin wissen. „Völlig unschädlich“, versichert der Malermeister.
„Das ist nicht mein Problem“, antwortet Göbel auf die Frage, warum es das Phänomen Graffiti denn überhaupt gebe. Ein Fahrgast findet die Abwaschaktion „beschissen“. Göbels Kommentar: „Wir nennen es Schmiererei, und dabei bleib‘ ich!“
Marc Fest
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