Prozess in Myanmar: Die „Lady“ vor Gericht
Der gestürzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi droht in Myanmar eine lange Haftstrafe. Beobachter halten das Verfahren für fingiert.
Am Dienstag startet ein weiterer Prozess gegen die in ihrem Land „Lady“ genannte Politikerin. Dabei soll auch Ex-Staatspäsident Win Myint angeklagt werden.
Das Militär hatte seinen Putsch vom 1. Februar mit angeblichem Wahlbetrug durch die Partei von Aung San Suu Kyi begründet, aber keine Beweise vorgelegt. Internationale Beobachter hatten die Parlamentswahlen vom vergangenen November als relativ sauber und fair bezeichnet. Die Partei des Militärs erlebte dabei eine krachende Niederlage.
Fingierte Anklagepunkte
Aung San Suu Kyi werden jetzt Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze, die Verletzung von Corona-Auflagen sowie Anstiftung zum Aufruhr vorgeworfen. Letzte Woche kam dann noch der Vorwurf der Korruption hinzu.
Beobachter empfinden die Vorwürfe gegen sie als an den Haaren herbeigezogen. So wird ihr etwa vorgeworfen, ihr Sicherheitspersonal habe drei nicht registrierte Funkgeräte benutzt.
Der beliebten Politikerin, die am kommenden Samstag 76 Jahre alt wird, drohen jetzt lange Haftstrafen. Seit dem Putsch steht sie unter Hausarrest, zunächst mutmaßlich in ihrem Haus in der Hauptstadt, die letzten Wochen wurde sie Berichten zufolge an einem unbekannten Ort festgehalten.
Ihre Anwältin Min Min Soe sagte der Nachrichtenagentur AFP, am Montag habe zunächst ein Polizist gegen Aung San Suu Kyi ausgesagt. Ein weiterer Polizist sei danach als Zeuge zum Vorwurf des illegalen Erwerbs und Besitzes von Funkgeräten gehört worden.
Kaum Kontakt zu Anwälten
Aung San Suu Kyi habe angeschlagen ausgesehen, sagte Khin Maung Zaw, ein weiterer Verteidiger. Doch sei sie den Zeugenaussagen „aufmerksam gefolgt“. Ihre Anwälte gehen davon aus, dass der Prozess bis zum 26. Juli dauern werde. Die Angeklagte scheine „ziemlich entschlossen, auf ihrem Recht zu bestehen, wie auch immer es ausgeht“, sagt Khin Maung Zaw.
Das Verfahren spricht rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn. So hatte gegen Aung San Suu Kyi bisher kaum Kontakt zu ihren Anwälten.
Phil Robertson von Human Rights Watch bezeichnete die Anschuldigungen gegen die Tochter des Unabhängigkeitshelden Aung San, die schon unter der letzten Militärjunta mehr 15 Jahre unter Hausarrest gestanden hatte, als „fingiert und politisch motiviert“. Jetzt drohen ihr mehr als zehn Jahre Haft.
Seit dem Putsch wurden nach Angaben der lokalen Menschenrechtsorganisation AAPP 863 Menschen von Militär getötet und 6046 festgenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann