Prozess gegen Christian Wulff: Glaeseker weiß von nichts
Ex-Präsident Wulff und sein Ex-Sprecher Olaf Glaeseker galten als „siamesische Zwillinge“. Im Prozess gegen Wulff erinnert sich Glaeseker an kaum etwas.
HANNOVER taz | Als Zeuge der Staatsanwaltschaft war Olaf Glaeseker im Korruptionsprozess gegen Exbundespräsident Christian Wulff (CDU) geladen. Belastendes kam von Wulffs geschasstem Sprecher am Donnerstag vor dem Landgericht Hannover dann aber nicht. Glaeseker konnte sich an kaum etwas erinnern.
Dabei sollte Glaeseker klären, was Wulff und den mitangeklagten Filmunternehmer David Groenewold nun verbindet: bloße Freundschaft oder Geschäftliches. Besonders zur Kernfrage des Prozesses, ob sich Wulff mit einer Einladung zum Oktoberfest 2008 von Groenewold korrumpieren ließ, sollte Glaesekers Aussage Aufschluss bringen. Im Gegenzug für die Bezahlung des Bayern-Besuchs soll Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident beim Siemens-Vorstand um Sponsoring für ein Groenewold-Filmprojekt geworben haben. Die beiden sind deshalb wegen Vorteilsannahme und -gewährung angeklagt.
Glaeseker war stets nah dran an Wulff: Ab 2003 war er sein Sprecher. 2010 folgte er ins Bundespräsidialamt, wo Wulff seinen „siamesischen Zwilling“ Ende 2011 – zur Hochphase seiner Privatkredit- und Gratisurlaub-Affäre – entließ. Auch zum Oktoberfest 2008 war er ebenfalls eingeladen, sagte Groenewold aber wegen Krankheit kurzfristig ab. Über die „Wiesn“ will Glaeseker im Nachhinein weder mit Wulff noch mit Groenewold gesprochen haben, denen er sich damals beiden „freundschaftlich verbunden“ fühlte.
„Das liegt ja jetzt auch schon ein bisschen zurück“, sagte er zu Fragen nach dem Wochenende. Zumindest habe er daran keine „bewusste Erinnerung“, ebenso wenig wie an Gespräche mit Groenewold über Geschäftliches. Den plagten 2008 Vermarktungsproblemes seines Filmprojekts „John Rabe“, wie Groenewolds Exsekretärin zuvor ausgesagt hatte. Von Wulff habe Groenewold gehofft, dass er „helfen kann“. Dass Wulff sich kurz nach dem Oktoberfest bei Siemens tatsächlich für ebendiesen Film einsetzte, „davon weiß ich gar nichts“, sagte hingegen Glaeseker.
Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer monierte, diese Angaben hätten „zur Wahrheitsfindung nicht viel beigetragen“. Wulff auf der Anklagebank quittierte das mit heftigem Kopfschütteln. Ob Glaeseker weitere Zeugen folgen, ist offen: Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow will die Beweisaufnahme am nächsten Verhandlungstag schließen und am 27. Februar ein Urteil sprechen. Dass er keine bewusste Entgegennahme von Vorteilen festellen könne, hatte er schon im Dezember verkündet.
Wulff und Glaeseker werden sich unterdessen schon am 10. Februar vor dem Landgericht Hannover wiedersehen. Dann in umgekehrten Rollen: Wulff als Zeuge, Glaeseker als Angeklagter. Glaeseker soll sich mit Gratisurlauben bestechen lassen haben, um für die Lobbyistenpartys des Privatveranstalters Manfred Schmidt als Regierungssprecher Sponsoren zu werben. Glaeseker und Schmidt erklären die Urlaube mit ihrer Freundschaft. Wulff könnte das vor Gericht bestätigen oder dementieren. Falls er sich daran erinnert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?