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Prozentpunkte

Zumindest aus landespolitischer Sicht eine glänzende Ausgangslage hatten die Bündnisgrünen im niedersächsischen Wahlkampf. Sie konnten die ansehnliche Bilanz von Rot-Grün (1990 bis 94) mit den traurigen Ergebnissen der anschließenden Alleinregierung konfrontieren. Außerdem hatte der absolute Schröder gerade die zwischen SPD und Grünen schwankenden Wähler mit einem rechtspopulistischen Kurs verprellt.

Inzwischen hat aber auch die Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms feststellen müssen, daß „die Gockelei zwischen Schröder und Lafontaine“ im Wahlkampf alles andere überlagert. Hinzu kam das Liebäugeln der Bundesgrünen mit einem SPD-Kanzlerkandidaten in Hannover. Die Umfragen sehen die Grünen derzeit bei etwa 9 Prozent. Damit scheinen sie ihr 94er Ergebnis von 7,4 nur leicht verbessern zu können.

Die CDU liegt je nach parteipolitischer Ausrichtung der jeweiligen Meinungsforscher zur Zeit bis zu 1,5 Prozentpunkte über oder unter ihrem letzten Wahlergebnis von 36,4 Prozent. Christian Wulff konnte allerdings zu Recht in seinen Wahlkampfauftritten darauf verweisen, daß seine Partei bei den letzten drei Abstimmungen in Niedersachsen, bei der Bundestagswahl 1994, der Europawahl und der niedersächsischen Kommunalwahl stets einige Prozentpunkte besser dastand als zuvor in dem Meinungsumfragen. Daß Wulff den von ihm propagierten Sieg einer bürgerlichen Mehrheit von CDU und FDP selbst längst nicht mehr für möglich hält, zeigt sein Verhalten gegenüber den Freidemokraten, an die er keine Stimme verschenken will. Die sonst übliche Leihstimmenkampagne für die FDP entfällt diesmal. Für die Sicherung seiner persönlichen Zukunft braucht Wulff zumindest einen kleinen Achtungserfolg. Auch könnte jede zusätzliche FDP- Stimme aus dem „bürgerlichen Lager“ schnell zu einer Stimme für Schröders absolute Mehrheit werden, wenn nämlich die Freidemokraten am Ende wieder kurz unter fünf Prozent hängen bleiben.

Die FDP und möglicherweise leider auch die „Republikaner“ sind die großen Unsicherheitsfaktoren bei dieser Landtagswahl. Den Freidemokraten prophezeien die Demoskopen mal vier, mal fünf Prozent die übliche Zitterpartie. Die Partei selbst hat anders als vor ihren 4,4 Prozent der vergangenen Landtagswahl jetzt eine klare Koalitionsaussage zugunsten der CDU abgegeben. Darauf baut sie ihre Zweitstimmenkampagne auf, die aber bei der CDU keine Gegenliebe findet. Bei demoskopischen drei Prozent liegen die Reps (1994: 3,7), zu denen sich in Umfragen weniger Wähler als dann am Wahltag bekennen.

Für die SPD sind leichte Einbußen durchaus drin, auch wenn viele Umfragen ihr jetzt einen Zugewinn von den 44,3 Prozent des Jahres 1994 auf 45 oder sogar 46 Prozent vorhersagen.

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