Protokolle von Klimastreikenden: „Aktivismus ist der einzige Weg“
In Afghanistan können sich Klimaschützer:innen kaum mehr engagieren. In Uganda sind Dürren und Fluten Alltag. Aktivist:innen berichten.
Theater fürs Klima in Afghanistan
Ich bin in Afghanistan Aktivist geworden. Das Land hat viele Probleme mit dem Klimawandel: Es gibt zu wenig Bäume, zu viel Plastikmüll, zu viel Kohle. Wir haben versucht, den Leuten zu zeigen, wie man die Umwelt schützen kann. Wir haben viele Workshops gemacht, zum Beispiel in Kabul, und ein Theaterstück aufgeführt, um auf die Klimaprobleme aufmerksam zu machen.
Als die Taliban die Macht übernommen haben, konnten wir keine Aktionen mehr machen. Ich konnte nicht bleiben, die Organisation Climate Activist Defenders hat mir geholfen. Jetzt bin ich in Deutschland, in der 9. Klasse. Ich wollte mich weiter engagieren, deshalb gehe ich zum Streik in Heidelberg. Dass Umweltschutz wichtig ist, gilt nicht nur in Deutschland, nicht nur in Afghanistan, das gilt für alle Länder dieser Welt.
Hoffentlich können wir die deutsche Regierung mit der Demo auch darauf aufmerksam machen, dass immer noch Klimaaktivist:innen in Afghanistan sind. Andere sind wie ich vor den Taliban geflohen. Deutschland muss ihnen helfen, sich für sie einsetzen und sie unterstützen.
Navid Mohammadi, Afghanistan
Einsatz für Klimagesetze in den USA
Es ist das einzige, was ich tun kann, also streike ich. Ich bin 14 Jahre alt und in der 9. Klasse. Ich bin zu jung zum Wählen. Ich bin zu jung zum Arbeiten. Meine gesamte Zukunft wird von der Klimakrise bestimmt. Es braucht jetzt sofort politische Maßnahmen – darauf habe ich aber fast keinen Einfluss. Ob ich zur Schule gehe oder nicht, kann ich beeinflussen.
Ich glaube, streiken ist effektiv, weil der Gesetzgeber dadurch merkt: Wir beobachten ihn und erwarten, dass er für uns arbeitet. Die Politik erinnert sich: Oh, stimmt, da draußen gibt es noch andere Kräfte. Nicht nur die schmutzigen fossilen Energiekonzerne.
Die US-amerikanische Regierung macht gerade einen furchtbaren Job. Wir fordern einen Green New Deal. Alexandria Ocasio-Cortez hat mit dem Senator Edward Markey einen Vorschlag gemacht. Der muss gesetzlich verankert werden. Er kann nicht alle Probleme lösen, uns aber etwas Zeit verschaffen und vor allem marginalisierten Gruppen ein bisschen Gerechtigkeit bringen. Letztes Jahr wurde ein Klimagesetz durchgebracht, das war ein großer Erfolg. Aber es bleibt noch so viel zu tun.
Maryam Dallawar, USA
Für Demokratie und Gerechtigkeit im Sudan
Viele Leute im Sudan werfen uns Klimaaktivist:innen vor, dass wir über unwichtige Probleme sprechen. Sie müssen mit anderen Krisen klarkommen, leben in Armut oder haben soziale Schwierigkeiten. Angesichts dieser Krisen sehen sie das Klima nicht als Gefahr. In Bildungseinrichtungen, manchmal auch in den Medien, wird der Klimawandel oft geleugnet.
Umwelt- und Klimaaktivismus sind hier schwierig. Die Demokratie ist geschwächt, Menschenrechte werden missachtet. Wir brauchen Demokratie. Klimagerechtigkeit heißt Freiheit und soziale Gerechtigkeit!
Fluten, Dürren und Hitze machen uns hier schon längst zu schaffen. Sudan gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern. Europäische Regierungen müssen erkennen, dass die Klimakrise für uns kein abstraktes Zukunftsszenario ist. Die Industrienationen sind verantwortlich für diese Katastrophe. Deshalb müssen sie schnell die richtigen Entscheidungen treffen, zum Beispiel die Kosten der Klimaschäden tragen. Nicht, weil sie uns „helfen“ – sondern weil es ihre moralische Pflicht ist. Sie müssen ihre Fehler wiedergutmachen.
Alhassan Mohamed, Sudan
Streik mit Gewerkschaft in Deutschland
Die deutsche Regierung macht zu wenig. Sie hat sich nicht besonders ambitionierte Ziele gesetzt und erreicht noch nicht mal die. Die Klimakrise wird drängender und kostet immer mehr Menschen das Leben. Das können wir nicht ignorieren, deshalb streiken wir. Dieses Mal zusammen mit Verdi, weil wir explizit mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr fordern. Streiks sind für die ÖPNV-Beschäftigten ein sehr entscheidendes Mittel, damit sich die Arbeitsbedingungen und die Löhne verbessern.
Das Klima und soziale Themen werden immer noch gegeneinander ausgespielt. Wir müssen die Verbindung aufzeigen: Es geht nicht nur um eine rein naturwissenschaftliche Emissionsreduktion, sondern auch um die soziale Krise. Diejenigen, die unterdrückt werden oder weniger haben, sind viel stärker betroffen – auch weltweit. Es ist wichtig, dass wir uns mit anderen Menschen und Gruppen zusammentun. Die Klimakrise bekämpfen und niemanden ohne Arbeitsplatz oder Geld alleinlassen – dafür gibt es Lösungen. Das wollen wir mit vielen Menschen deutlich machen, damit die Politik uns hört.
Darya Sotoodeh, Deutschland
Sitzblockade in Kolumbien
Seit ich 13 bin organisiere ich Aktionen von Fridays for Future in meiner Gegend in Kolumbien. Jetzt bin ich 16 Jahre alt. Ich gehe mit jungen Menschen und Kindern auf die Straße, wir erheben unsere Stimmen und richten Veranstaltungen zum Austausch über die Klimakrise aus.
Was wir am 3. März erreichen wollen? Regierungen sollen ihre historische Schuld an der Umweltzerstörung in unseren Regionen anerkennen und sich für Klimagerechtigkeit einsetzen. Wir starten mit einer Sitzblockade in der Innenstadt und ziehen dann bis zum Stadtpark.
Es ist so inspirierend zu sehen, wie viele andere junge Menschen in der Stadt für die gleiche Sache kämpfen. Wir müssen weiter Druck auf die Politik und die Unternehmen ausüben, damit sie Lösungen finden: Die Biodiversität schrumpft hier massiv, Menschenrechts- und Klimaaktivist:innen werden ermordet. Meine Verwandten sind Landwirt:innen. Der Klimawandel hat zu großen Verlusten bei der Getreideernte geführt, das Wasser wurde knapp. Ich will mich dafür einsetzen, dass sich die verwundbarsten Gruppen besser einbringen und Entscheidungen mit treffen können.
Juan David Amaya, Kolumbien
Gegen fossile Investitionen in Uganda
Ich kämpfe hart für den Erhalt der Natur und den Schutz von Feuchtgebieten. Aktivismus ist der einzige Weg, Gerechtigkeit zu fordern. Mit friedlichen Streiks erinnern wir die Entscheidungsträger daran, dass wir eine Zukunft wollen.
Uganda gehört zu den Ländern, die am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden und am schlechtesten darauf vorbereitet sind. Überflutungen in Kasese, Rakai und Kampala. Erdrutsche in Bududa. Extreme Hitze in Karamoja und an vielen anderen Orten. Das ist unsere Realität. Es steht auf der Tagesordnung, dass Menschen ihr Eigentum oder sogar ihr Leben verlieren, fruchtbares Land zur Wüste wird und Grundrechte für dreckige Investitionen verletzt werden – zum Beispiel in die East African Crude Oil Pipeline (EACOP).
Mit Aktivismus und Streiks können wir das Klimabewusstsein in Schulen und Gemeinschaften schärfen. Und wir schaffen eine Plattform für unsere Sorgen und dafür, dass sie bei denjenigen ankommen, die für diese Krise verantwortlich sind. Wir wissen alle, dass Afrika weniger als 4 Prozent der Emissionen weltweit erzeugt – aber trotzdem unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels leidet.
Patience Nabukalu, Uganda
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