: Proteste in Südkorea ausgeweitet
■ Straßenschlachten auch in den Provinzstädten / US–Konsulat in Pusan von Studenten besetzt / US–Regierungssprecherin: Keine Intervention in Sachen Demokratisierung
Seoul (afp/ap) - Die von Studenten angeführte Protestbewegung für die Durchsetzung demokratischer Verhältnisse in Südkorea konzentrierte sich am Mittwoch auf die Stadt Pusan im Süden des Landes. Nach Kundgebungen, an denen in acht Hochschulen der Stadt rund 15.000 Studenten teilgenommen hatten, hielten 300 junge Leute während der ganzen Nacht das Katholische Zentrum in Pusan besetzt. Sie errichteten Barrikaden gegen die anrückenden Einheiten der Bereitschaftspolizei. Nachdem die Polizei wieder abrückte, entzündeten die Demonstranten auf den Straßen Freudenfeuer und verschanzten sich in der Tiefgarage des Katholischen Zentrums. Wie die amerikanische Nachrichtenagentur upi meldete, zogen am Mittwoch 2.000 Studenten vor das US–Konsulat in Pusan und erzwangen dessen Schließung. In Seoul stürmten Studenten am Dienstag mindestens vier Polizeireviere und zündeten mehrere Polizeiautos an. Sie besetzen die Straßen in der Umgebung von mindestens zwei Universitäten in den Außenbezirken, nachdem sie unter dem Beifall von Zuschauern die Polizei zurückgeschlagen hatten. Demonstrationen und Zusammenstöße wurden auch aus Kwangju, Chinju, Chonan, Chonju, Wonju, Taejon und Taegu gemeldet. Die stellvertretende Sprecherin des US–Außenministeriums, Phyllis Oakley, erklärte in Washington, die von den USA immer wieder geforderten Fortschritte auf dem Weg zu einer freieren Gesellschaft könne es nur geben, „wenn alle politischen Kräfte Bereitschaft zu Dialog und Kompromissen“ zeigten. „Funktionierende und dauerhafte Lösungen“ werde es nur geben, wenn sie „von den Koreanern selbst kommen“. Die New York Times berichtete, die US–Regierung plane keine größere, diplomatische Initative, mit der Chun Doo Hwan beispielsweise zu einer Verfassungsreform gedrängt werden könne. Aktivitäten, wie sie die USA zum Ende der Marcos–Ära auf den Philippinen entfalteten, seien in Südkorea nicht geplant. Als Begründung wurde neben dem anders gelagerten politischen Umfeld in Südkorea vor allem angeführt, daß ein starkes US–Engagement vermutlich nur zu noch mehr Gewalt führen und den Sicherheitsinteressen Washingtons im Fernen Osten schaden würde.
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