: Proteste gegen Verhaftung von Guardia-Civil-Chef
■ 300 Menschen gehen in Madrid auf die Straße. Auch Politiker kritisieren Richterspruch
Madrid (taz) – „Spanier! Während Galindo im Gefängnis sitzt, plant ETA unseren Tod“ steht auf einem Transparent vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid. Dreihundert Menschen haben sich dort versammelt. Sie wollen ihre Sympathie mit der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil ausdrücken und gegen die Verhaftung von General Enrique Rodriguez Galindo protestieren. „Viva la Guardia Civil! Viva España!“ – Chöre wechseln sich mit der Forderung nach „Todesstrafe – jetzt!“ und „Lasa und Zabala zum Teufel!“ ab. José Antonio Lasa und José Ignacio Zabala sind die Namen der beiden mutmaßlichen ETA-Mitglieder, deren Entführung und Ermordung Galindo angeordnet haben soll. Seit letztem Donnerstag wartet Galindo als einer der Rädelsführer der „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ (GAL) in einem Militärgefängnis bei Madrid auf seinen Prozeß.
„Für jedes Gramm Sprengstoff die gleiche Menge Löschkalk“ – Material, mit dem die Verwesung der Leichen von Lasa und Zabala beschleunigt werden sollte –, rufen die „Freunde der Guardia Civil“, die zur Kundgebung am Dienstag aufgerufen hatten. „Die Sozialisten sollen ihren Kopf hinhalten“, ruft ein Mann. Er haßt „die Roten“ und tut ihnen unrecht. Keiner verteidigt Galindo so wie seine ehemaligen Dienstherren.
Noch am Tag der Verhaftung reagierten die ehemaligen Vorgesetzten Galindos – die beiden einstigen sozialistischen Innenminister José Barrionuevo und José Luis Corcuera sowie der ehemalige Staatssekretär für Terrorismusbekämpfung, Rafael Vera. Der General sei unschuldig, er habe nur Befehle ausgeführt. In den Chor derer, die die Unschuld des Generals ständig beteuern, reiht sich auch der Nato-Generalsekretär und ehemalige spanische Außenminister Javier Solana ein. „Die Entscheidung der Richter ist vollständig unverhältnismäßig“, beklagte er sich. Nur der ehemalige spanische Regierungschef Felipe González schweigt.
Auch in der Partido Popular des neuen Regierungschefs José Maria Aznar stößt die Verhaftung auf Protest. Für deren Sprecher Gabriel Cisneros ist sie ein „Ansporn für ETA“. Einer scheint den Kopf nicht verloren zu haben: Innenminister Jaime Mayor Oreja. Gleich nach der Verhaftung entzog er Galindo das Berateramt in seinem Haus. „Der erste schwere Fehler im Amt von Mayor Oreja“, kritisierte sein Vorgänger Juan Alberto Belloch. Oreja verteidigte sich: „Unsere Aufgabe ist es, Gesetze zu erfüllen, deshalb respektieren wir die Entscheidung der Justiz.“ Und: „Das Beste, was die alte Regierung machen kann, ist, zu schweigen.“ Reiner Wandler
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